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Szäntö: Pragmatische und nichtpragmatische Erklär, der Psychometne. 549
Aber auch die Hypothese des Prof. Joh. Kasnacich muß in diese Gruppe
gezählt werden. Nach dieser Hypothese beruht die Psychometrie auf einer telepathischen
Kommunikation des Mediums mit den unbewußten Atomseelen des
„associated object". Diese auf den ersten Blick einleuchtende Hypothese teilt
aber mit der vorigen den Mangel, daß sie an die Stelle eines x ein anderes, vielleicht
noch größeres, setzt. Außerdem hat diese Hypothese einen prinzipiellen
Mangel, welcher wichtig genug Ist, um hier besonders beleuchtet zu werden, da
man nur zu oft geneigt ist, diese Seite der mangelhaften parapsychologischen
Ilypothesenbildung zu übersehen. Die Hypothese des Prof. Kasnacich
ist nämlich nicht pragmatisch.
Pragmatisch ist eine Hypothese, wenn sie konkrete Fragen aufzuwerfen erlaubt
, welche experimentell beantwortet werden können, wenn sie also die
wissenschaftliche Arbeit fördert (pragma [griecii.] die Tat). Solche Hypothesen
sind gerade für die Parapsychologie höchst erwünscht, weil die parapsychologische
Forschung heute mangels solcher Hypothesen, welche leitende Gesichtspunkte
zur zweckmäßigen Einrichtung, Leitung und Bewertung der Experimente
hergeben würden, vielfach den Charakter des Herumprobierens hat, wob n
Erscheinungen, welche schon unzähligemal in derselben Weise beschrieben
wurden, imn er von neuem konstatiert werden. Ich \erkenne natürlich
nicht die ungeheuren Fortschritte, welche z. B. die Exaktheit der Beobachtungen
durch Schrenck-jNotzing erfahren hatte, aber ich glaube, daß
alle, welche auf unserem Gebiete arbeiten, das Gefühl haben, daß wir
noch immer zu sehr auf das zufällig sich Darbietende angewiesen sind und
nicht systematisch weiterkommen können. Einen der Hauptgründe dafür sein*
ich im Mangel von pragmatischen Hypothesen. Ein schönes Beispiel einer wirklich
pragmatischen Hypothese aus der Geschichte des Okkultismus ist die de'*
vierten Dimension* von Prof. Zöllner.1) Es ist eine Freude zu Jt^en, wie diese
fruchtbare Hypothese dem großen Forscher immer neue experimentelle Kombinationen
eingab und ich bin der Meinung, daß auf diese Hypothese in irgend-
einer Forin noch zurückgegriffen werden wird. Die Hypothese der „Atomseele"
hingegen, sobald wir sie auf konslatierbare Tatsachen reduzieren, besagt
bloß, daß der Schwerpunkt der Psychometrie im „associ« -
t e d o b j e c t" 1 i e g t. In dieser Konsequenz deckt sich diese Hypothese mit der
von Dr. Pagenstecher. Was anderes könnte man aus dieser Hypothese folgern?
Die Atomseele ist ja eine derartige metaphysische Begriffsbildung, welche vorläufig
und wie ich glaube noch recht lange, außer dem Bereich möglicher Erfahrung
liegt. Prof. Kasnacich mag sogar Becht hal>en, aber wir können mit
seiner Hypothese doch nichts anfangen, wir können aus ihr für die Psychometrie
nichts folgern, außer dem einen Umstände, daß für die Psychometrie
der leblose Gegenstand wesentlich ist, daß alles, was das Medium beim Experiment
erzählt, aus diesem Gegenstande geschöpft ist, indem es in ihm in der
Form unbewußter atomseelischer Vorstellungen eingelagert ist.
Die Experimente von Dr. Sünner und die Erfahrungen von Dr. Jos. Böhm
*) Siehe „Vierte Dimension und Okkultismus". Von Prof. Friedr. Zöllner. Herausgegeben
von Dr. med. R. Tisch ner. Verlag Mutze. Mit 8 Bildertafeln. 4 M., geb. 5 M.
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