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Kleine Mitteilungen

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tragend, die Bedingungen wesentlich verschärft. So waren z. B. die von Marion
unter der Einwirkung eines hinter ihm hergehenden „Denkers" auszuführenden
Handlungen dem Publikum im allgemeinen nicht mehr bekannt; die Auswahl
der psychometrisch von Marion zu besprechenden Gegenstände wurde so bewerkstelligt
, daß im Falle eines Erfolgs eine kaum glaubliche Anzaihl von Helfershelfern
hätte angenommen werden müssen, wenn man die Versuche auf normale
Weise deuten wollte. Schließlich übergab Marion die vom Publikum abgelieferten
Briefe mir, der ich ganz nach meinem Gutdünken die zu besprechenden
Dokumente herauslesen und Marion überreichen durfte. Trotz dieser Sicherungen
ingen die Erfolge zweifellos über das hinaus, was geschicktes Raiten allein
ätte bringen können.

Aber gerade dieser gewissermaßen unter idealen Bedingungen erfolgende
Experimentalabend zeigte mir besonders deutlich, daß solche öffentlichen Vorträge
kaum je einwandfreie Ergebnisse liefern können, da hier immer wieder
Umstände eintreten, die sich unserer Kontrolle entziehen. So hatte, während
Marion im Saal einen anderen Versuch ausführte., ein Herr aus dem Publikum
allein auf dem Podium sitzend auf einen Zettel eine verwickelte Handlung aufzuschreiben
, die Marion nachher unter dem Einfluß eben dieses Herrn, der
allein die Aufgabe kannte und seinen Zettel in der Hand hielt, sehr gut ausführte
. Leider blickte, während der Herr die Aufgabe schrieb und das Gros
des Publikums durch den im Saal ablaufenden anderen Versuch abgelenkt war,
ein Mann ziemlich offen hinter dem Vorhang, der das Podium gegen einen Nebenraum
abschloß, über den Schreiber hinweg in den Saal; vermutlich war es einer
der Angestellten des Vortragslokals, der völlig harmlos den Verlauf der Versuche
etwas verfolgen wollte; aber so unwahrscheinlich es auch ist, daß Marion einen
etwaigen Helfershelfer so offen hätte eingreifen lassen, so wenig sind wir doch
in der Lage, den Versuch als einwandfrei anzuerkennen; dabei trifft hier Marion,
wenn es sich wirklich um einen harmlosen Kibitz handelte, keine Verantwortung
, da er, der im Saal einen anderen Versuch ausführte, den Mann hinter dem
Podiumsvorhang vermutlich nicht bemerkt hat.

Bei den Versuchen mit der Besprechung offener Briefe durch Marion hatte
dieser, wie gesagt, das Paket mir übergeben, damit ich die zu behandelnden
Briefe auslese. Auch hier trat nun etwas ein, was den Wert der Versuche in
Frage stellte. Ich wählte unter anderen einen Brief, über den Marion eine Reihe
von recht ins einzelne gehenden Mitteilungen machte, die hernach sämtlich von
einer sehr hübschen jüngeren Dame bestätigt wurden. Da ich selbst den Brief
herausgesucht hatte, konnte scheinbar an Helfershelferei kaum gedacht werden;
und doch war es mir bedenklich, als ich, nach dem Vortrag mit Marion, mit
dem ich für den nächsten Tag eine Privatsitzung in der Redaktion einer Stuttgarter
Zeitung verabredet hatte, in $ein Hotel gehend, dort in der Vorhalle die
hübsche junge Dame sitzen sah, die offenkundig auf ihn wartete und sich nachher
mit ihm besprach. Auch hier halte ich es für wahrscheinlich, daß es sich
nicht um eine Helfershelferin handelte, sondern einfach darum, daß die Dame
nach dem Erfolg des mit ihr gemachten Experiments das Bedürfnis empfand),
weiter mit Marion zu reden und sich für eine Sprechstunde anzumelden; zumal
man kaum annehmen kann, daß eine Helfershelferin sich nachher so offen mit
Marion im Hotel gezeigt hätte. Doch hatte der betreffende Brief ein ziemlich
großes Format, auch war er in englischer Sprache geschrieben; Marion konnte
daher, wenn es sich um einen eingeschmuggelten Brief gehandelt haben sollte,
immerhin damit rechnen, daß er in die Augen fallen und vielleicht gerade von
einer sich besonders kritisch dünkenden Persönlichkeit gewählt werden würde.
Abgesehen von solchen Erwägungen, ist es natürlich unmöglich, Versuche mit
unverschlossenen Briefen zu beurteilen, solange man nicht den Inhalt des
Schreibens aufs genaueste daraufhin untersucht hat, welche Hinweise er dem
Hellseher zu seinen Angaben etwa liefern konnte; und wie wäre in öffentlichen
Vorführungen allen derartigen Möglichkeiten Rechnung zu tragen? Wie schwierig
es ist, solche öffentlichen Vorträge voll beweiskräftig für alle zu gestalten,
geht schließlich daraus hervor, daß ich es niemand verargen könnte, der es bedenklich
gefunden hätte, daß ausgerechnet ich, der die Auswahl der Briefe zu
besorgen hatte, ebenfalls nachher mit Marion in sein Hotel gegangen war; dabei
hatte er mich, den er persönlich nicht kannte, nur deshalb ausgesucht, weil

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