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578 Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft. (September 1930.)
Identifikationszeichen. Hierzu kommt, daß weitaus die meisten dieser Medien
das Zeichen erst erzielten, als die Nachricht darüber vielfach durchgesickert
war (so versichert Prince, daß er von dem Zeichen spätestens 1922 hörte). Fräulein
Tubby selbst sprach gelegentlich von dem Symbol (S. 140) und auch Hys-
lops Töchter scheinen nicht dicht gehalten zu haben (S. 141). Unter diesen Umständen
kann ich das auf den Seiten 119—148 zusammengestellte Beweismaterial
nicht überzeugend finden. Weiter hat Miß Tubby die Tendenz, das Zeichen,
nach dem sie fahndet, auch da zu sehen, wo ein gewöhnlicher Sterblicher es
nicht mehr als beachtenswert anerkennen kann. So sagt z. B. Frau Piper einmal
zu einer Besucherin, sie solle Miß X, die dann näher als Miß T (möglicherweise
Tubby) bezeichnet wird, etwas sagen. Dieses X ist natürlich ohne jede Beweiskraft
. Ein anderes Medium erwähnt in einer Sitzung den in dem betreffenden
Zusammenhang bedeutungslosen Namen „Alex", auch dies soll nach Miß Tubby
ein Hinweis auf Hyslops X-Zeichen sein. Einigermaßen erstaunlich ist alkin die
Gewinnung des Symbols durch Miß Roberts und deren Freundin (S. 126), zu
einer Zeit, wo die Kenntnis desselben kaum verbreitet war.
Leider sind auch abgesehen von der Schwäche dieses Hauptstücks die gebotenen
SitzungsprotokoTle eine Enttäuschung; so wurde Miß Tubby durch
Mrs. Allison zu den Medien Brittain und Dow den gewiesen, mit denen Mrs. Alli-
son ausgezeichnete Ergebnisse erzielt hatte (Z. f. P. Juni 1930 S. 395); in den
Sitzungen Miß Tubbys mit diesen Medien kann ich nur wenig finden, was möglicherweise
eine übernormale Ursache hätte. Ganz willkürlich erscheinen oft
Miß Tubbys Deutungen des Gebotenen, indem sie irgendwelche Namen oder vage
Mitteilungen, die in ihren Sitzungen auftauchen, wahllos auf ihre eigene oder die
Hyslopsche Familie bezieht, wodurch die Geister für ihre Angaben sehr verstärkte
Erfolgsaussichten haben. Auch die berichteten angeblichen Kreuzkorrespondenzen
zwischen den verschiedenen Medien sind meist wenig überzeugend.
Bei der Dürftigkeit der von Miß Tubby erzielten Ergebnisse ist es verständlich
, daß die amerikanische SPR., deren Sekretärin Miß Tubby war, die Einstellung
der Sitzungen forderte, was schließlich zum Bruch zwischen Miß Tubby
und der American SPR. führte. Das Buch beweist wenig für übernormale Fähigkeiten
der beteiligten Medien und gar nichts für die Richtigkeit der spiritistischen
Hypothese. R. Lambert.
Traumdeutung und Traumforschung. Von Dr. med. Zenker, Astra-Verlag,
Leipzig 1928. 131 S., brosch. 4 M., geb. 5 M.
Die Literatur über Psychoanalyse, die sich vornehmlich an den Laien wendet,
hat in den letzten Jahren einen solchen Umfang und eine solche Ausdehnung
angenommen, daß gegenüber jeder Neuerscheinung eine gesunde Skepsis sehr
am Platze war. Man mag aber den populärwissenschaftlichen Büchern gegenüberstehen
wie man will, man wird dennoch nur feststellen können, daß dieses
Buch von Zenker für alle anderen seiner Art als vorbildlich zu bezeichnen ist.
Der Verfasser will eigentlich in der Hauptsache dem Laien die Wege aufzeigen,
die zur Traumanalyse auf psychoanalytischer Grundlage führen; doch es ist
daraus ein Werk über Psychoanalyse selbst geworden, das trotzdem sein Ziel
niemals aus den Augen verliert. Wertvoll ist dieses Buch durch die außerordentliche
Gründlichkeit, mit der der Verfasser, von den relativ einfachsten Phänomenen
und Aeußerungen des Unterbewußtseins ausgehend, bis zu der recht
komplizierten Lehre vom „Ueber-Ich" und vom „Es" hinführt. Gut illustriert
werden die Ausführungen durch zahlreiche, gut gewählte Traumbeispiele, die
mit minutiöser Genauigkeit analysiert werden und ganz allmählich in die Technologie
der praktischen Traumdeutung hinüberleiten. Bei einem Werk, das diese
als Hauptziel ansieht, lag die Gefahr nahe, es in einem Uebermaß von Schematismus
ersticken zu lassen. Zenker weist auch selbst darauf hin und warnt eindringlich
vor dem Optimismus, der mit der Kenntnis einiger Symbole einen
Traum glaubt deuten zu können. Stets verweist er vielmehr auf die Vielgestaltigkeit
der Phänomenik, bei der man es nur selten mit a priori gegebenen
Realitäten, meist aber mit Korrelationen zu tun hat. Deswegen kann auch ein
Traum nicht einfach aus der Symbolsprache „übersetzt" werden; es handelt
sich vielmehr um eine recht mühsame Kleinarbeit, bei der jedes Mosaiksteinchen
innerhalb des gegebenen Rahmens von Bedeutung sein und darum eventuell
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