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Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1930.)
interessieren können. Auch seinem Vater, Herrn Josef Schneider, sind wir zu
Dank verpflichtet, weil er uns erlaubte, Rudi so lange bei uns zu behalten. Aber
ich weiß, daß ihm die Sache der Wissenschaft am Herzen liegt und keinem
gutwilligen Forscher ist je eine Sitzung mit Rudi abgeschlagen worden.
Wenn es einigen sogenannten Parapsychologen nicht gelangen ist, zu finden,
was sie suchten, müssen wir annehmen, daß der Fehler viel eher bei ihnen als
beim Medium zu suchen ist. Die psychologische Verbindung zwischen dem
Medium und seinen Beurteilern ist ein sehr wichtiger, aber äußerst feiner
Faden, der leicht zerreißen kann, wenn er in grober oder unpassender Weise
gehandhabt wird. Einige „Forscher", die ich kenne, eignen sich nicht einmal
dazu, ein Pferd zu untersuchen — geschweige denn ein beseeltes, geistiges
Wesen.
Wenn Rudi beim Zusammensein mit uns so umgänglich ist, ist dies „Olga"
nur in etwas geringerem Maße. Wir haben „Olga" gebeten, dies und jenes für
uns zu tun und es geschah. Sie hat uns zu vorher festgesetzten Zeiten gute
Phänomene versprochen und manchmal — aber nicht immer — haben sie sich
eingestellt. Ich fürchte, daß „Olga" ihre Antipathien hat und ab und zu wenig
schmeichelhafte Bemerkungen über Sitzungsteilnehmer macht. Aber tun wir
das nicht alle? „Olga" sagt, was wir denken. Glücklicherweise werden ihre
Bemerkungen in geflüstertem Deutsch gemacht, das nicht bis m den Ohren
der Kritisierten dringt. Das ist gewöhnlich recht schade!
Man hört manchmal die Frage: „Was verdient Radi mit seiner Medialität?"
Diese Frage wird meistens von Leuten gestellt, die nicht die geringste Ahnung
von den Gebrüdern Schneider und ihrer Medialität haben, weil es wohl bekannt
ist, daß die jungen Oesterrcicher nie irgendeine Bezahlung für ihre Leistungen
als solche erhalten haben, obwohl gar nicht einzusehen ist, warum sie
es nicht sollten. Ich bemerkte einmal, wie diese Frage in der Presse erwähnt
wurde, aber ich glaube, daß der betreffende Zeitungsschreiber nie auf den Gedanken
kam, daß Radi ebensosehr ein Recht darauf hat, für seine Leistungen
bezahlt zu werden wie der Journalist, der Geld verdiente, indem er über ihn
schrieb. Es besteht eime recht sonderbare Ansicht darüber, daß man umsonst
arbeiten müßte, wenn man ein Medium ist!
In Wirklichkeit bezahlten wir Rudi nur soviel, wie er in seinem Beruf,
v#n dem wir ihn abhielten, verdient haben würde. Wir hätten ihm mehr zahlen
müssen, aber es entstanden so viele andere Ausgaben durch die Untersuchungen
, daß wir ihn nicht in so hohem Maße entschädigen konnten, wie wir es
gern getan hätten. Natürlich zahlten die Mitglieder des Laboratory für ihre
Sitzungen, aber trotzdem war ein beträchtliches Defizit zu begleichen, im Nam°n
unseres Vorstandes möchte ich deshalb Lord Charles Hope für seine sehr wesentliche
Unterstützung in dieser Richtung danken Ich muß auch unserer Sekretärin
, Miß Lucie Kaye, öffentlich danken dafür, daß sie alle nötigen Vorkehrungen
für Rudis Aufenthalt in London traf und sich allenthalben um sein
Wohlergehen kümmerte. Sie konnte dies besser als irgend jemand anders tun,
weil sie die deutsche Sprache vollkommen beherrscht. Ich weiß, daß es für
sie oft recht unbequem war, unseren Sitzungen beizuwohnen und sie zu prolo-
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