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Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1930.)
sagen von Charakter und Umwelt der Personen, die er darstellt, in sich überstürzenden
Worten, wie aus der Pistole geschollen, heraus.
Und nun zu den Protokollen.
E x p e r i m e n t a 1 - S i t z u n g mit dem MetagraphologenOttoRei-
mann-Prag im engeren Kreis der Berliner Aerztlichen
Gesellschaft für Parapsychischc Forschung,
am i5. Februar itj3o bei Josty.
Anwesend: S.-R. Dr. Bergmann, Dr. Schmidt, Dr. Neugarten, Dr. Regensburger
, Dr. Lipschütz, Dr. Schwabach, Frl. Dr. Wygodzinski, Dr. Achelis,
Dr. Kronfeld, Prof. Albert Einstein mit Gattin und einer nahestehenden Verwandten
, Prof. Dr. Fanta, Otto Reimann; dazu Dr. Hase.
Beginn 8.5o Uhr. Einleitender Vortrag von S.-R. Dr. Bergmann über
Metagraphologie und Psychometrie.
Herr Otto Reimann zeigt einige Schriftproben: er habe sie angefertigt von
Personen, die er nur eben einige Minuten zuvor kennengelernt habe, ohne selbstverständlich
auch je deren Schrift gesehen zu haben. Diese hätten dann ihre
eigenhändige Schrift darunter gesetzt. Es wird eine weitgehende Uebereinstim-
mung bis in kleine Einzelheiten festgestellt.
Reimann hebt hervor, er müsse bei der Vorlage einer Schrift das ungefähre
Alter und das Geschlecht des Schreibers wissen: das Alter, weil es alte Menschen
mit festei und junge Leute mit zittriger Schrift gebe; das Geschlecht, weil es
Männer mit weiblichen und Frauen mit männlichen Eigenschaften gebe.
i. Fall: Ein Brief, übergeben von Dr. Achelis: 3o Jahre, ein Mann.
Reimann: Ich sehe einen Menschen, der sich linkisch verbeugt mit hoeb-
gezogen scheinenden, eckigen Schultern ... Weiches Gemüt, leicht beeinflußbar
... Er hat wohl eine große Arbeitsenergie: läßt sich aber auch leicht durcheinanderwirbeln
... Im Geistigen gutes Aufnahmevermögen; Schwierigkeiten
in der Verarbeitung .. . Geistig sehr tätig. Guter Psychologe; wird von jungen
Menschen viel und gen um Rat gefragt ... Es ist ihm, zur Zeit er das geschrieben
, sehr schlecht gegangen, und es wird ihm noch viel schlechter gehen ...
Er ist sehr begabt, aber es könnte ganz etwas anderes aus ihm geworden sein ...
Ist sprachbegabt, sehr belesen; er macht aber trotz seiner 3o Jahre einen etwas
infantilen Eindruck. Er ist ein unglücklicher Mensch, schlägt sich mit sich und
der Welt herum. Sehr gebildet. Solche Leute sind prädestiniert zu Schriftstellern
, Gelehrten, Aerzten ... Er ist verheiratet. Aber die Frau ist nicht
sehr gut ... Die Ehe der Eltern war sehr schwankend, äußerst gespannt und
ungleichmäßig. Es besteht erbliche Belastung. Er ist prädestiniert zu Absonderlichkeiten
. Es würde mich nicht wundern, wenn einerseits ein Genie,
andererseits auch ein Verbrecher aus der Familie entspränge ... Er ist sehr
musikalisch ... Es kommt mir so vor, als ob jemand in der Familie erschlagen
ist, erstochen oder so ähnliches. Die ganze Schrift macht einen außerordentlich
unangenehmen, ästhetisch widerlichen Eindruck. Er ist sehr feminin veranlagt
.
Reimann macht seinen Gans nach: einen ganz absonderlichen Gang mit
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