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620 Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1930.)
charakteristisch war. Dieser Schritt ertönte am häufigsten im Korridor des
oberen, unbewohnten Stockwerks des Hauses, worin M. Meurice, der Beobachter,
lebte. Nach ihrem Auftreten „schien sich die Tür eines Schlafzimmers genau
über Meurices Schlafzimmer zu öffnen und die Fußtritte ertönten dann in
diesem Zimmer" — sie legten also durchaus einen deutlichen Weg zurück.
Denselben Verstorbenen hörte man übrigens in sehr charakteristischer Weise
reden und allerhand Lärm vollführen1).
Diese Eigenwilligkeit und Selbständigkeit des Spuks in bezug auf den Raum
äußert sich nun aber nicht nur in seiner Fortbewegung durch denselben, sondern
auch in allem, was er während dieser Fortbewegung zu tun scheint, sei
es, daß der Beobachter davon nur durch das Ohr, oder auch durch das Auge
unterrichtet wild. In einem eigenen Berichte des Ihnen allen bekannten Spukforschers
Joh. Iiiig heißt es z.B.: „Es raschelte im Zimmier, es klöpfeite am
Schrank, es kam an mein Bett und gab sich durch Klopfen an der Bettstatt
kund, es ging am Bett vorüber und klingelte sehr hell am Milchglas der auf
dem Nachttischchen stehenden Larnpe. Dann ging es weiter an den Tisch, hantierte
mit Büchern und Schreibfedern, dann klopfte es mit meinen Spazier-
stocken . .., bewegte sich weiter gegen die Tür, . .. schlug eine dori hängende
Laubsäge mehrere Male deutlich gegen die Tür, dann ging die Klinke nieder,
die Tür tat einen Krach ... und das Wesen war in das Zimmer meines Hausgenossen
übergetreten, und von dorther kam jetzt ein Getöse, so laut wie in
der Nacht zuvor 2)." Ich lege hier noch keinen Nachdruck auf das scheinbar
Physikalisch-Objektive in soljehen Beobachtungen; ich betone lediglich den
Umstand, daß hier die Ortsbewegung einen mehr als bloß räumlichen Sinn zu
haben scheint. Der (in diesem Fall ungesehene) Spuk legt seinen Weg anscheinend
zurück mit dem Bewußtsein, von Gegenstand zu Gegenstand zu gelangen;
er hat also eine deutliche, man möchte geradezu sagen persönliche Beziehung
zum erfüllten, zum Dinge bergenden Raum.
Vorgänge, wie die eben beschriebenen, deuten bereits ein Moment an, welches
für die Einschätzung der seelischen Selbständigkeit des Spuks unter Umständen
Bedeutung erlangen kann; ich meine das Ortsbewußtsein,
welches er zu haben scheint. Der Spuk weiß anscheinend, wo er sich befindet.
Er bewegt sich im Raum unter Anpassung an die Einzelheiten der Raumerfüllung
. Es gibt nun zahlreiche Beobachtungen, die dieses Moment sehr viel
deutlicher, ja mit Ausdrücklichkeit hervortreten lassen. Mrs. 0 DonneJl,
im Badeort Brighton vorübergehend eingemietet, hört schon während der ganzen
ersten Nacht „ein starkes Geräusch von Schritten im oberen Stockwerk",
erfährt aber morgens, daß dieses unbewohnt sei; desgleichen in der zweiten
Nacht. In der dritten sieht sie eine (genau beschriebene) Gestalt neben ihrem
Bette stehen, „die mit dem einen Arm in das (leerstehende) Nachbarzimmer
wies, mit dem andern aber auf mich, ga^iz nahe meinem Gesicht." Als. die
Beobachterin ihre Hand ausstreckte, wurde diese, wie sie sagt, „von einer eisigen
Totenhand" erfaßt. In der vierten Nacht, die sie in einein andern Zimmer
J. Maxwell, Metapsychical phenomena (engl. Ausg.) 287 ff.
2) J. Illig, Ewiges Schweigen —? 176.
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