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Kröner: Hellwig ante portas!
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Staatsanwaltschaft. Als besonders tüchtiger Adept erwies sich der Kriminalkommissar
Pelz, der im Prozeß als Ilauptbelastimgszeuge gegen Frau Günther-
Geffers auftrat. Aber diese Bemühungen allein genügten nicht. Herr Hellwig
stationierte sogar seine Sekretärin nach Königsberg als Privatdetektivin, um
Material gegen die Hellseherin zu sammeln, alias, sie zu bespitzeln. Ferner1
produzierte er im Strafverfahren gegen die Königsbergerin unbestellte Gratisgutachten
, war der Berater der Inslerburgcr Staatsanwaltschaft und lieferte,
nach dem ersten Freisprueh, den die Staatsanwaltschaft selber beantragt hatte,
das Material für die Berufung, welche eben diese Staatsanwaltschaft kuiz danach
einlegte.
Leider \erbot der Justi/minister, dem wohl diese \rt Tätigkeit eine*
Richters nicht ganz einwandfrei erschien, Hellwig das Auftreten im Insterburger
Pro/eß, der dank Hellwigs Bemühungen noch größer aufgezogen wurde ah
der Drostprozeß. Leider - - denn diesmal hätte ich i'Jim ah Sachverständiger
gegenüberstanden, und wäre vermutlich mit seiner Prominenz Schlitten
gefahren. Hellwig konnte also nur als Regisseur hinter den Kulissen fungieren.
Wieder einmal erschienen vor Beginn der Verhandlung seine Artikel, in denen
er gegen die Angeklagte und die paraps>chologis.ehen Sadhverständigen in der
ungeheuerlichsten Weise und mit den billigsten Mitteln Stimmung machte.
Wieweit er während der Verhandlung den Ankläger fortlaufend beriet, entzieht
sich meiner objektiven Kenntnisnahme, aber der Vblehnungsanlrag der
Staatsanwaltschaft gegen den Sachverständigen Dr. T,homa wie verschiedene
andere Schritte der Vnklagebehörde trugen deutliqh den Stempel Hellw igscher
Inspiration.
Der Knalleffekt aber war folgender. Medizinalral Dr. Huwe, Potsdam,
sollte als Zeuge vernommen werden. Die Staatsanwaltschaft bemühte sich lebhaft
, vermutlich inspiriert, Huwe ah Sachverständigen ein/uschieben. Huwe,
der sich nach der ersten Attacke der Verteidigung selber ah befangen ablcihnte,
erklärte zum Beweis seiner Objektivität folgendes: Der ihm bis dato unbekannte
Herr Landgerichtsdireklor Hellwig habe ijin auf der Potsdamer Regierung
auf gesucht, habe ihn über die Pro/eßmaterie informieren und ihm sein gutachterliches
und \kten-Material in die Hand zu geben versucht, was er, Huwe,
seiner Zeugenpflicht bewußt, abgelehnt habe. Diese verbuchte Beeinflussung
seitens eines Richters, wie da« wiederholte Eingreifen in ein schwebendas Verfahren
ist meines Wissens niemals disziplinarisch geahndet worden, obwohl es
aktenkundig ist.
Der Effekt aller dieser Remühumren war wiederum gleich \ull im Sinne
der Anklage: Freisprueh, von der Staatsanwaltschaft selber beantragt, vom Gericht
dürftig mit dem ..in dubio pro reo" verbrämt (insofern ein Fehlurteil!)
und ein großes Lodi in der Staatskasse.
V.
Auch füi den Prozeß gegen die Leipziger Hellseherinnen Dietrich und Hessel
hat Hellwig sich in eigenartiger Weise interessieit. Nur eines sei aus diesem Verfahren
hier erwähnt. Die eine der beiden Schwestern erklärte dem Gericht:
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