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640 Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1930.)
Hellwig habe sie eines Tages aufgefordert, sich ihm zum Experimentieren bei
ihrer Schwester zur Verfügung zu stellen, und als sie sich geweigert habe,
habe er sie (vermutlich durch \ermitthmg der Staatsanwaltschaft) durch
einen Gendarmen zwangsweise vorführen lassen. Es sei ein
Polizeibeamter bei ihr mit diesem Auftrag erschienen und habe sie in die
Wohnung ihrer Schwester gebracht mit der sie sich enl/weit hatte, und dort
sei in Gegenwart Ilellwigs experimentiert worden. Sollte Dellwig davon nichts
gehört haben? Sollte er dum nicht wenigstens im einem seiner zahlreichen
Provin7zeitungsartikel sich zu diesem Fall geäußert haben?
VI.
Es \vürde ermüden, die Bemühungen Ilellwigs gegen de«, Hellseher Erik
Jan Ilanussen in seinem Leitmeritzer Prozeß im einzelnen aufzuzählen. Das
Programm isl ja immer das gleiche. Anerbieten an, die Staatsanwaltschaft,
vorläufig kostenlose Beratung, ilerbeischaffun<* von Material, Benennung von
Belastungszeugen, \orbereitende aufhetzende Zeitungsartikel, Madigmachen der
als Entlastungszeugen fungierenden deutschen Parapsychologen Professor
Dr. Schröder und Dr. Kröner, gehässige Epiloge nach erfolgtem, diesmal voll
rehabilitierendem Freispruch. Immei wieder der gleiche Film!
Seit ich dem Potsdamer Toreador mehrere Male satirisch auf die Hühneraugen
getreten habe, sucht er in seinen Polemiken^ gegen mich ebenfalls die
satirische Note zu poussieren, was s'ch bei seiner Humorlosigkeit jedesmal
Iraurig genug ausnimmt. Das eine Mal konstatiert er» geistreich, die deutsche
Wissenschaft werde den G\mnasialprof essor Schi öder und den Dr. Kröner gewiß
nicht als würdige Vertreter anerkennen. Das andere Mal berichtet er, das Ge-
richtssaalexperiment in Leitmeritz sei aus einem tragikomischen Mißverständnis
heraus angestellt Morden, nämlich aus dem Mißverständnis, daß die Herren
Schröder und Kröner namhif'e Gelehrte seien. Das dritte Mal widerlegt er gegen
ihn vorgebrachte xVnschuldi^ungen damit, daß er dein Leser anheimstellt, sich!
über das moralische Niveau derjenigen, die solch1 Anschuldigungen gegen ihn vorzubringen
wagen, selber ein Urteil zu bilden (Anschuldigungen, die Notabene
erweislich wahr sind). So erspart man sich den Gegenbeweis, den man nicht
^bringen kann, und streut dem ahnungslosen und gutgläubigen Leser Sand
in die Augen.
Bezeichnend für das Niveau Hellwigscher Polemiken ist folgender Fall,
den ich kurz erwähnen will, obwohl die Feder sich sträubt, solche traurigen
Vorgänge wiederzugeben. Folgendes \nekdotehcn hat Herr Hellwig nicht nur
in einer Diskussion in Potsdam als einziges Gegenargument gegen einen erdrückenden
Tatsachenbeweis ins Feld zu führen gewußt, sondern er hat es
sogar noch so geistreich gefunden, daß er es in einer Schweizerischen Zeitung
abdrucken ließ. So etwa lautet des Kind der leichtgeschürzten Heliwigschen
Muse: „Es war einmal ein junger Arzt, der hatte einen Bandwurmkopf in einer
physiologischen Nährlösung in den Brutschrank gestellt. Ein Witzbold vertauschte
dieses Präparat mit einem ausgewachsenen Bandwurm. Der junge
Mediziner glaubte, daß tatsächlich seinem Bandwurmkopf durch eine Art
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