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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0710
656 Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1930.)

teilen physikalischen Phänomene, Fembewegungen (Telekinesen)
von Gegenständen, Materialisationen und Dematerialisationen, Produktion von
stofflichen Auswüchsen aus dem Körper, die sich bewegen, bestimmte Formen
annehmen, wachsen und schwinden (Ectoplasmen), Erscheinungen von unabhängigen
Lichtgebilden bis zur Körperlichkeit, direkte Stimmen von irgendwoher
im Räume, meist angeblich von einer bestimmten verstorbenen Person
ausgehend. Psychometrie, d. h. irgendein Begebni« aus der Vergangenheit
eines vorgelegten Gegenstandes oder die Personen, die Beziehungen hatten
zu dem Gegenstand, in ihrer geistigen und körperlichen Verfassung so vor
sich sehen, daß alles beschrieben werden kann. (Das Medium bekommt in verschlossenem
Kuvert einen Zettel in die Hand, von dem es gar nichts weiß. Es
sieht die Szene auf einem untergehenden Schiff, auf dem d^r Zettel geschrieben
worden, es beschreibt den Schreiber richtig. Der Zettel war in einer auf
dem Meere schwimmenden Flasche gefunden worden.) „Exkursionen"
der Seele außerhalb des Körpers, nicht scharf zu trennen von den Erscheinungen
des „Doppelgängers4. Prophezeiungen im Wachen und im
Traum, zweites Gesicht der Schotten, westfälische Spökenkieker (die namentlich
Todesfälle voraussehen).

Die Auf/ählung wäre unvollständig, wenn im jetzigen Stadium der Angelegenheit
nicht auch das Leben und sogar körperliche Zunahme ohne Nahruug
oder doch ohne äquivalente Nahrungsaufnahme angeführt würde. Das Phänomen
wird verhältnismäßig selten erwähnt, und, so viel ich w**iß, ausschließlich im Zusammenhang
mit religiösen (nicht nur christlichen) Vorstellungen, innerhalb
deren es erlaubt oder geboten ist und der Gewohnheit entspricht, einfach zu
glauben ohne Zweifel aufkommen zu lassen oder gar strikte „Beweise" im Sinne
der modernen Naturwissenschaft zu verlangen. Wenn nun Therese Neumann
von Konner sreuth jeden Freitag die Wundmale des Erlösers an
sich entstehen läßt und sogar aus den Bindehäuten der Augen blutet, so sind die
Erscheinungen zwar in dieser hohen Ausprägung außerhalb der religiösen Stigmatisationen
noch nicht beobachtet') und bis jetzt nicht nachgemacht. Aber
Virchow hatte doch unrecht, bei Louise Lateau seinen Eindruck mit dem Dilemma
„Betrug oder Wunder" zu resümieren. Seitdem hat man die Möglichkeiten der
Suggestion und Autosuggestion kennengelernt und kann die Stigmatisation qualitativ
nicht von dem trennen, was wir als „Einfluß der Psyche auf den Körper"
gut kennen und auch experimentell hervorbringen können. Und wer die
psychische Tätigkeit hinunter bis ins Körperliche und die körperlichen Funktionen
bis hinauf ins Psychische verfolgt und damit die Kontinuität und prinzipielle
Oleichartigkeit der beiden Reihen erkannt hat, wird das verstehen etwa
im gleichen Sinne wie wir verstehen, daß sowohl unsere körperlichen Reflexe
wie *nser bewußter Wille den schmerzenden Finger aus einer Flamme zurückzuziehen
bestrebt sind. Das bei manchen Stigmatisierten (und auch anderen
Heiligen) in früheren Zeiten beobachtete Frei-in-der-Luft-Schweben hat umgekehrt
seine Analogie rein im Okkulten, d. h. in den Leistungen profaner Medien,
wie auch ich einmal eine solche Erhebung gesehen habe, ohne mir einen Trick
denken zu können.

Aber vorläufig ohne Analogie und von allen Okkultismen
am e m p f i n d i i c h s t e n m i t der modernen Naturauffassung
im Widerspruch wäre körperliche Zunahme oder andauerndes
Leben ohne Nahrungsaufnahme. Es ist ein Elend,
daß die Umstände, oder die Menschen, nicht gestatten, das Mädchen so zu
beobachten, daß — sei das Resultat positiv oder negativ — jeder vernünftige
Zweifel ausgeschlossen wäre.

]) Anmerkung bei der Korrektur. Soeben wud ein anscheinend gut beobachter Fall nicht
leligiösen Zusammenhangs in dtr Zeitschr f Pnraosychologie 1930 S. 540 beschrieben.


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