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662 Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1930.)
riert. Dank den Anstrengungen vor allem Baron v. Schrencks ist es schon
lange nicht mehr richtig, daß eine den strengsten Anforderungen der Wissenschaft
entsprechende Kontrolle nicht möglich sei (vgl. unten die Londoner
Sitzungen mit Rudi). Doch mußten die Medien dazu in geduldiger Uebung
erst erzogen werden.
Aber auch ohne diese Kontrollen gibt es noch Wege, die Frage der Echtheit
der Phänomene nach und nach zu entscheiden. Von jeher hat es Mediem
gegeben, die gelegentlich oder sogar meistens auch physikalische Phänomene
in hellem Licht hervorbrachten, so z. B die Eusapia Palladino. Licht
ist also kein unbedingtes Hindernis. Ich glaube deshalb, daß es möglich sein
wird, mit der Zeit mehr Medien zu finden oder zu erziehen, diei im Licht
produzieren. Und gerade die gewöhnlichsten dieser Phänomene, die physikalischen
Spukerscheinungen, scheuen meist weder Tages- noch
Lampenlicht. Sie gehören deswegen zu den interessantesten Okkultismen und
sind auch besonders wichtig, weil sie von beliebig vielen Leuten, auch von der
Polizei mit allen Mitteln ihres Entdeckungsapparates, kontrolliert wurden,
ohne daß die Kräfte und ihre Wege vom „Medium" bis zu den sich bewegenden
Gegenständen „entlarvt" worden wären. Allerdings ist gelegentlich ein
vermeinllicher Sünder bestraft worden, aber wohl jedesmal ohne genügenden
Beweis und ohne Erklärung, wie er die Phänomene in ihrer Gesamtheit hätte
zustande bringen können. Es kam vor, daß ein Polizeikommissar mit io bis
12 Mann der Sache vergeblich auf den Grund zu kommen suchte, oder daß
man die Gegenstände noch in acht Meter Entfernung vom Medium in vollem
Licht sich bewegen sah, sowohl auf das Medium zu wie von ihm weg, daß man
durchs Schlüsselloch beobachtete, oder daß der Spuk sich fortsetzte wenn das
Medium gar nicht im llaume oder sogar an einem ganz entfernten Orte war,
kurz wo die blühendste und von jed^m kritischen Sinn aufs sorgfältigste befreite
Kritik des IN eingläubigen sich nur mit der Ausrede helfen kann, die
Beobachter seien eben nicht so gescheit wie sie und übersehen die gröbsten
Finten.
Oft ist bei physikalischen Leistungen wie Fernbewegungen, Ingangsetzen
einer Spieluhr u. a. eine materielle Verbindung zwischen dem Medium und
dem Erfolgsort nachzuweisen oder zu vermuten, ein Ektoplasma von ganz
wechselnder Gestalt, das aus dem Körper des Mediums austritt und wie ein
GliQ|i agier(, manchmal auch geradezu eine rudimentäre oder auch eine ganz
vollkommene Iland nachbildet. Bei den Gebrüdern Schneider muß das als die
Regel angenommen werden, während die Leistungen mancher anderer „physikalischer
Medien" nicht an solche Verbindungen denken lassen, und beim Spuk
nach den bisherigf n Erfahrungen dieser Weg der Kraftwirkung geradezu auszuschließen
ist.
Noch etwas Wichtiges fällt meistens an diesen Spukphänomenen auf: sie
sind offensichtlich an sich von den bekannten physikalischen Gesetzen teilweise
unabhängig, während der größte Teil der experimentellen Erscheinungen mit
Ausnahme der sich bewegenden und verändernden Ektoplasmabildungen so
beschaffen sind, daß nur die begleitenden Umstände entscheiden, ob sie etwas
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