http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0718
664
dium entlarvt und die Sache war für ihn erledigt. Nun ist es gar nicht unwahrscheinlich
, daß wirklich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem
geräuschvollen Annageln des Teppichs und dem nachherigen Versagen der
„mediumistischen Kraft" bestand; aber er konnte nur ein ganz anderer sein:
das Medium war durch das Mißtrauen verstimmt worden.
Zu jenen Unmöglichkeilen kommen aber noch andere Momente: Wenn auch
die Erklärung mit dem Teppich nicht zu widerlegen gewesen wäre, so wäre
damit das Medium nicht des Betruges überführt gewesen, sondern es hätte nur
den unangreifbaren Beweis seiner Fähigkeiten nicht geleistet — für den speziellen
Fall der Vorhangbewegungen. Das Taschentuch wurde ignoriert. Zu
einer Entlarvung hätte aber auch für dieses Phänomen der Beweis einer andern
Ursache geleistet sein müssen. War die Bewegung des Taschentuches echt,
so mußte man schon positive Gründe haben, um annehmen zu dürfen, daß
die Vorhänge mit dem Teppich bewegt wurden.
Auch das ist erst ein Teil der Fehler, die der Neingla'ibe immer und
immer wieder hervorbringt: Wenn nun auch die Vorhangbewegungen durch
Verschiebung des Teppichs nicht nur möglich, sondern in diesem Falle wirklich
praktiziert worden wären, so würde das ohne weitere Untersuchungen
nur für diesen speziellen Fall gelten. iTm von Entlarvung zu sprechen, hätte
zunächst noch untersucht werden müssen, wie es denn mit den andern vielen
Tausenden von Vorhangbewegungen stand, die das Medium schon produziert
hatte. Dann hätte sich zunächst herausgestellt, daß unter anderm im Schrenck-
schen I aboratorium der Teppich immer an den Fußboden genagelt ist; das
Medium hätte also gan« andere Tricks zur Verfügung; warum mußte es hier
einen sj plumpen anwenden? Oder ist das Medium ein solches Taschenspielergenie
, daß es für alle seine einzelnen Manifestationen und die verschiedensten
äußern Umstände eine ganze Menge von Tricks anzuwenden weiß? Im ^Okkultismus
in Urkunden" wird aus der Vermutung eines Betruges einmal zunächst
ein gesicherter Betrug gemacht und dann daraus der Schluß gezogen: wenn
das Meditim in Braunau (seiner Heimat) betrogen hat, so hat es auch! bei
Schrenck betrogen, und somit beruht alles auf Betrug. Könnte man hier nicht
besser umgekehrt schießen: wenn an anderen Orten keine Möglichkeit war,
mit dem Teppich die Vorhänge zu bewegen, so ist es höchst unwahrscheinlich,
daß das Medium hier auf diesen Trick verfallen wäre, und daß es ihn überhaupt
nötig hatte. Ich habe übrigens in einer andern Sitzung mit Rudi auch
in Zürich Vorhangbewegungen gesehen, während das Medium seine Beine über
meine Knie gelegt hatte.
In der Nichtbeachtung dessen, was das Medium sonst leistet, liegt aber noch
ein viel schwererer Fehler. Die Vorhangbewegungen sind bei den Brüdern
Schneider eines der häufigsten Symptome, das in verschiedenen Variationen
auftritt. Am meisten ist zu sehen eine Aufbauschung des Vorhangs nach außen
vom Kabinett, ganz wie ein Segel bei starkem Wind; bald sind es beide Hälften,
bald nur eine, oder während die eine sich nach außen bauscht, geht die andere
in gleicher Weise nach innen. Diese Bewegungen geschehen oft mit großer
Kraft, so daß 7. B. die Hängelampe vor dem Kabinett mitgerissen wird. Der
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0718