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Bleuler: Vom Okkultismus und seinen Kritiken.

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zahl Photos und Nippsachen stehen. Alles das ist ausgeschlossen, trotzdem
Tin ton dazu einen besonders kleinen Kerl erfindet. Die einzige an sich diskutierbare
— aber unbewiesene — Hypothese Vintons ist die, daß der Bruder Karl
Schneider, der bei Vintons Anwesenheit in der Nähe vom Medium und vom
Vorhang saß, sich ins Kabinett geschlichen haben könnte. Aber gerade da,
wo ich zweimal Augenzeuge war, hatte Karl seinen Platz wenigstens in der einen
Sitzung unter den andern Sitzern, so daß er nicht nur nicht zum Vorhang hätte
gelangen können, sondern daß auch sein Fehlen leicht hätte bemerkt werden
müssen. Ein Rutschen oder Neigen des Stuhls des Mediums, der keinen Durchgang
zwischen ihm und dem Vertikow gestattete, hätte dem Kontrolleur nicht
unbemerkt bleiben können, war aber auch nicht denkbar bei gehaltenen Händen
und Füßen. Ein Helfer von außen war ausgeschlossen, da wir in der
einen Sitzung alle Türen, sogar die der Schränke verschlossen und versiegelt
hatten. Wie soll es ferner kommen, daß in den oft bis dreimaligen Sitzungen
in der Woche während vieler Jahre nie einer der skeptischen Besucher den geheimnisvollen
Akrobaten und Taschenspieler entdeckt hatte? Einmal bei einor
Sitzung mit Rudi ging der Chef der Münchner Kriminalpolizei frei im Zimmer
herum, einmal war er während der Manifestationen im Kabinett selber; auch
ich biu einmal, unmittelbar nachdem meiner Frau aus dem Kabinett der Klemmer
weggerissen wurde, ins Kabinett gedrungen und habe es ganz abgetastet —
alles ohne positiven Erfolg. Einmal wenigstens hat Rudi auch eine erfolgreiche
Sitzung ohne Kabinett gegeben. Aber an die Hauptsache hat Vinton überhaupt
nicht gedacht: wie kann das Medium, das z.B. ganz allein in London sich produziert
, sich an andern Orten helfen lassen?

Nun will die Begleiterin Vintons einmal das Gefühl gehabt haben, daß
jemand hinter ihr durchschlüpfte; ist das ein Beweis? Sie will in einer Sitzung
im Hotel, die fast keine Phänomene außer Vorhangbewegungen hervorbrachte,
gehört haben, wie Willy auf den Vorhang blies. Es ist nun kaum möglich,
bloß mit dem Gehör zu entscheiden, ob das Medium wirklich geblasen, oder, wie
es häufig vorkam, schwer geatmet hat. Und der große Skeptiker Vinton verliert
so leicht den Kopf, daß er, als er einmal im Kabinett mit dem Tamburin
eine anscheinend lebendige Masse berührte, hinausrannte, anstatt diesen einzigen
großen Moment durch Zugreifen zu benutzen. Er hätte dann den von
ihm vermuteten eigentlichen Akteur Karl erwischt — oder auch vielleicht sich
überzeugen müssen, daß er mit dem Tamburin den Winkel zwischen Wand
und Vorhang oder irgend etwas anderes Unschuldiges berührt hatte; aber das
Herz war ihm in die Hosen gefallen, ein Beweis, daß auch Vinton von der
iVberzeugung von der Irrealität der Geister nicht so ganz durchdrungen war,
und daß auch bei einem solchen Skeptiker die alte Erfahrung gilt, daß man
am Tage leicht hat, über Gespenster zu spotten, aber im Dunkel der Nacht
ebenso leicht sich vor ihnen fürchtet. Er redet auch von Gänsehaut, die man
bei diesen gruseligen (eery) Vorgängen während der „aufregendsten Unterhaltung
(entertainment) in Europa'4 bekomme.

Vinton hat auch einige Phänomene selber ,.nachgemacht"; da konnte er
natürlich die Beleuchtung dämpfen, soweit es ihm beliebte. So ist es weder


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