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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0724
670 Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1930.)

gestoßen werden, indem Zusammenhänge der scheinbar okkulten Tatsachen
mit den bekannten Kräften doch einmal gefunden oder als möglich gedacht
werden, oder daß anderseits, wenn alle Beobachtungen auf natürlichem Wego
erklärt wären, auf einmal eine neue genacht wird, die nicht mehr verstehbar
ist. Die Diskussion kann also nur für unser jetziges Wissen
Geltung haben.

Die meisten Beweise überhaupt, die uns etwas Neues lehren, sind Analogieschlüsse
und beruhen nur auf mehr oder weniger hoher Wahrscheinlichkeit.
In der unangreifbaren Beweisführung: „alle Menschen sind sterblich, Hans ist
ein Mensch, also ist Hans sterblich", ist die Tatsache, daß Hans sterblich ist,
in Wirklichkeit schon in den beiden Voraussetzungen gegeben; der Schluß
bringt gar nicht inhaltlich eine neue Tatsache, sondern er hebt eine bekannte
aber nicht besonders beachtete Tatsache aufdringlich heraus. Solche zwingende
Schlüsse sind also eigentlich nur Tautologien. Auch in der Okkultismusfrage
wird man also keinen absoluten Beweis verlangen können. In den wirklich
Neues begründenden Beweisen gibt es immer „Gründe" oder Wahrscheinlichkeiten
, die für die eine oder die andere Auffassung sprechen. Was wir dann
zur Entscheidung vergleichen, ist etwas wie die Summe der Wahrscheinlichkeiten
auf jeder Seite. Charakteristisch für die Relativität der gewöhnlichen
Beweisführung ist die Gerichtspraxis, von der man annimmt, sie besitze das
zuverlässigste oder gar das einzig zuverlässige Verfahren, die Wahrheit an den
Tag zu bringen. Sie nennt aber die Beibringung der Wahrscheinlichkeiten und
Gegen Wahrscheinlichkeiten „Beweise und Gegenbeweise". Gegenüber einem
wirklich sicheren Beweis könnte es doch keinen Gegenbeweis geben. Wenn man
nun wie bei unserem Thema die Größe der Wahrscheinlichkeiten nicht in
Zahlen ausdrücken kann, so bleibt es dem einzelnen überlassen, welches Gewicht
er den verschiedenen Wahrscheinlichkeiten geben, und damit auch, wann
er eine Sache für bewiesen ansehen will. Da kommt es auf Temperament, Intelligenz
, Erfahrungen und noch manches andere an. Es gibt jetzt noch bei
uns Leute, die sich nicht überzeugen lassen, daß die Erde eine Kugel ist und
sich umdreht. Der mathematisch TJngeschulte kann sich in einer etwas komplizierten
mathematischen Aufgabe irren, etwas für bewiesen ansehen, was es
nicht ist, oder auch umgekehrt einen sicheren Beweis, den er ungenügend versteht
, als nicht schlüssig ansehen. In den allerkompliziertesten Fragen ihres
Facties können sogar Mathematiker verschiedener Meinung sein. So kann das
persönliche Moment, der Glaube, nirgends, nicht einmal in der Mathematik
, wo man nur absolute Beweise erwartet, prinzipiell ausgeschaltet werden.
Wenn man nun die Bewegung eines Gegenstandes auf gewöhnlichem Wege nicht
erklären kann, so wird der eine, nachdem er alle bekannten Möglichkeiten verwerfen
mußte, einen prinzipiell unbekannten Zusammenhang annehmen, der
andere wird geneigt sein, doch noch einen im Prinzip bekannten, nur ihm
nicht einfallenden Weg zu supponieren, oder er wird bald mit Recht, bald mit
Unrecht sich noch eine bestimmte „natürliche" Erklärung denken. Schließlich
bleibt also trotz aller logischen Operationen dem Glauben die Entscheidung
überlassen. Das ist an sich nicht so schlimm, kann ich doch nicht einmal be-


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