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680 Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1930.)
Das Ergebnis unserer Untersuchung ist also, daß es wirklich tausendfältige
Einzelbeobachtungen gibt, die sich bis jetzt nicht in Zusammenhang mit unseren
sonstigen Kenntnissen der Welt und ihren Kräften und deren kausalen
Verknüpfungen bringen lassen. Man versteht aber bei der Seltsamkeit derselben,
daß Leute, namentlich solche, die keine oder keine genüjende Erfahrung in
diesen Dingen besitzen, nicht daran glauben können. Ob man sich mit den vorhandenen
Anhaltspunkten für die Annahme prinzipiell bisher unbekannter
Phänomene begnüge, oder diese Frage noch offen lasse, ist ja schließlich Sache
des Temperamentes, des Glaubens. Darüber, inwieweit die allgemeine Anerkennung
solcher zur Zeit noch als okkult zu bezeichnender Erscheinungen unser
Weltbild ändere, ist jetzt aus Mangel an Anhaltspunkten noch nicht zu diskutieren
; vielleicht lassen sie sich doch einmal mit unseren übrigen Erfahrungen
in Einklang bringen. Für die spiritistische Hypothese kenne ich keine Anhaltspunkte
. Ganz sicher ist aber der Beweis, daß es keine okkulten Phänomene gebe,
bis jetzt gründlich gescheitert. Alle die Erklärungen durch Betrug, Sinnestäuschungen
u. ä., die bis jetzt von Neingläubigen gegeben worden sind, mög*in
zwar für viele Einzelfälle zutreffen, werden aber unter keinen Umständen der
Gesamtheit der durch den wissenschaftlichen Okkultismus gesammelten Tatsachen
gerecht, sondern sind im Gegenteil recht oft noch weniger tragfähig als
die kritiklosesten Behauptungen der Jagläubigen.
Die Rätsel, die uns der Okkultismus stellt, zu lösen, scheint mir eine sehr
interessante Aufgabe. Ich unterscheide mich von den Neingläubigen, die nach
der einen Seite ebenso übertrieben skeptisch wie nach der andern gläubig sind,
darin, daß ich nach beiden Seilen skeptisch bin und mich nicht dazu \erstehen
kann, Unbekanntes ohne Anhaltspunkte Bekanntem gleichzusetzen, d. h. an dem
Gebäude meiner Wellauffassung die Fenster einer Seite zuzumauern,
lieber die psychologische Seite des Spuks.
Vortrag, gehalten vor der Aerztlichen Gesellschaft für parapsychische Forschung
und dVr Deutschen Gesellschaft für wissenschaftlichen Okkultismus in Berlin
am 22. Januar iq3o. (Schluß.)
Ton Dr. E in i I M a 11 i e s e n.
Der Nachweis einer ursächlichen Verknüpftheit von Medium und Phänomenen
wird nun, wie Sie wissen, noch auf einem anderen Wege betrieben: dem
psychologischen. Man sucht die Motive zum Spuk, ja zu seiner Gestaltung
im einzelnen in der Persönlichkeit des Mediums als natürlich
gegeben nachzuweisen. Es konnte nicht fehlen, daß der Begriffsbau
der Psychoanalyse in diesem Zusammenhange bemüht wurde. Das la^
gewissermaßen in der Luft. Es ist ja heute fast so, daß man seinen Verpflichtungen
bezüglich Zeitgemäßheit des Denkens nicht völlig nachgekommen zu
sein glaubt, ehe man nicht psychoanalytische Gedankengänge auf das jeweils
vorliegende Problem angewandt hat. Auch im Falle der Spukvorgänge nun
werden dem Medium recht mannigfaltige Komplexe zugeschoben. Zuweilen
soll verdrängte Sexualität sozusagen einfach dynamisch abreagiert werden. Der
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