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Mattiesen: Ueber die psychologische Seite des Spuks.

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Spukfall in der Münchener Augustenstraße bot hier ein Beispiel. Das Medium»
die Therese Winklhofer, verriet erotische Bindungen an einen in der Etage behausten
Studiosus, der anscheinend nichts von ihr wissen wollte1). Auch mag
der bekannte Umstand erwähnt werden, daß das erste Auftreten der Phänomene
zuweilen an das (etwa noch verspätete) erste Auftreten der Monatsblutung,
also sagen wir: eine sexuelle Erregungssteigerung geknüpft erscheint. Allerdings
finden sich auch Fälle, wo gerade das Gegenteil statthat: die Phänomene also
mit den ersten Menses aufhören2). In andern Fällen soll die abzureagierende
Spannung irgendeiner beliebigen Gemütserschütterung entstammen. Es ist zum
Beispiel Geld oder sonst etwas Wertvolles spukhaft verschwunden: alsbald
sollen die Phänomene zunehmen3). Ein Haus muß überstürzt verkauft werden:
gleiche Folge 4). Oder im Falle des Steinewerfens in Kosten bestand erwiesenermaßen
ein tiefer Haß zwischen zwei Familien5). Soweit das alles noch
nicht genügt, beruft man sich auf den allgemeinen Hang der hysterischen
Psyche, Aufsehen zu erregen; auf latente Boshaftigkeit des hysterischen Charakters
; auf seine Neigung zum Schabernack und Mutwillen, wobei etwa auch
sadistisch-masochistische Komponenten der erotischen Veranlagung im Spiel
sein sollen6), die freilich in vielen Fällen bis zur Selbslgefährdung der Medien
gehen müßten: wie denn z. B. die Kotterbacher Medien vor den ersten Steinwürfen
mit gellendem Geschrei in wilder Flucht davonrennen 7); die Hilda
Zwieselbauer sich nur durch ein Fenster retten kann, nachdem der Spuk sie in
der Küche eingesperrt hat, und sie und ihre Tante sich durchweg geradezu verfolgt
fühlen und mehr als einmal entsetzt bei den Vorgängen aufsichreien*)♦
Ja, in einem älteren klassischen Fall, dem Spuk im Hause Schtschapow, wurden
die Kleider des angeblichen Mediums in Brand gesteckt und nur mit Mühe
gelöscht 9).

Ich brauche kaum darauf hinzuweisen, daß auch hier viel theoretisch Zweideutiges
mit unterläuft. Angenommen, daß alle vorausgesetzten unterbewußten
Spannungen und Tendenzen wirklich vorhanden sind, so könnten sie ja immerhin
die Angriffsfläche und den Ntitzungsboden ähnlich gerichteter unabhängiger
Bestrebungen dritter Wesen liefern: vorausgesetzt natürlich, daß für
die Annahme solcher Wesen wirkliche Grunde gegeben sind. Das ist eine Frage
für sich, Ich will sie gleich aufgreifen, zunächst aber darauf hinweisen, wieviel
von dieser angeblichen Psychoanalyse der Spukmedien völlig in der Luft
hängt, ja im Grunde einfach apriorisches Postulat ist. Zunächst ist ein
konstatierbarer neurotischer Habitus der Spukmedien keineswegs die Hegel.
Die Sauerbrey ist äußerst schwach, aber anscheinend nur infolge eines Unterleibskrebses
im letzten Stadium; sie stirbt gleich nach Abschluß der Beobachtungen10
). Ebenso die Lindroos in \löjär\i, und zwar an Tuberkulose. Als
hysterisch wird sie nicht bezeichnet. Die Johanne P. in Lieserhofen wird als
intelligent, physisch gut entwickelt, ohne Abnormitäten, willig, aufmerksam

i) v. Schrenck-Notzing, Gesammelte Aufsätze zur Parapsychologie (1929.) 324.
n Das. 380 f. 8) Das. 371. 4) Ebenda. 6) Das. 343. 6) Das. 281, 324 f.
7) Das. 328 8) Das. 335, 352 f. 9) Proc. S. P. R. XII 320.
l0) v. Schrenck-Notzing, a. a. O. 247,250.


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