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682 Zeitschrift für Pardpsychologie. 11 H^ft iNovcmber 1930.)
und arbeitsam, geschildert; in der Hypnose konnten keinerlei Phänomene ausgelöst
, werden l), was man d<vh eigentlich hatte erwarten müssen, wenn ihre
somnambule Psyche die>e zuvor erzeugt halte. Beim Spuk von ^Neuried wird
nur die anscheinende ,,Hillskrafl*\ die Rate Ledermami, als etwas hvslerisHi
veranlagt bezeichnet, das Hauptmedium, die Anna Gronauer, dagegen als geistig
normale Person, die nur 1 ruber somnambule Zustande gezeigt haben soll "')♦
Von der Hilda Zvviesclbauer, einem medialen Monstrum, wird ausdrücklich bezeugt
, Eitelkeit oder H\slerie kamen bei ihr nicht in Betracht, sie sei keines-
vvegs erblich belastet und erlreue sich der besten Oes mdheit und normaler
geistiger Entwicklung, litte weder an Halluzinationen, noch bösen Traumen,
noch irgendwelchen Störungen des ^serven^vstems *). Ihr Hilfsmcdium. die
Tante, Frau Ruzicka, lebt sogar in glücklicher Ehe! Hilda soll ein wenig boshaft
und launenhaft sein aber wieviele Madchen und Frauen sind das nicht?
Nun zeigt uns freilich Schrenek-^ofzuig «elbst einen Vusweg gegenüber der
Erwartung psychischen Zerfalb bei solchen Me<lien. Er meint, der Spuk trete
eben an die Stelle einer Neurose ±), das heißt: die Schuldgefühle, sadistischen
Neigungen, Verfolgungsideen und boshaften Tendenzen, die in der
V e r cl r an g u n g eine N e uro*» e erzeugen könnten, würden durch den Spuk
eben abreagiert und damit unschädlich g e m a i h t. V >rtrefflieh,
eine klare Rechnung! Nur muß ich eben wieder darauf aufmerksam machen,
daß soweil meine Kenntnis ieicht, alle diese unterbewußten Tendenzen last
immer nur vorausgesetzt, der Theorie zuliebe gefordert, aber niemals
durch eine wirklich vorgenommene Psychanalyse nachgewiesen
werden. Die einzigen mir bekannten Fälle überhaupt auch nur versuchter
Einzelanalysc sind gewisse Ausführungen der Graf in Wassilko über die Eleonore
Zugun, und andere des Prager Nerven irzles Dr. Simsa über die Hilda Zvvieselbauer
. Aber auch im letzteren Falle erhalten wir nirgends, so weit Ich sehen
kann, erwiesene T aha c h e n. ,,Eine gewisse Unzufriedenheit, versteckte Rache,
Wul ein Einschlag von Sadismus und Ma^ochismus, die Neigung, sich seihst und
andere zu quälen' 0), werden einlach vorausgesetzt, ohne die geringsten
Anhaltspunkte in der Beobachtung. Einmal soll die Unzufriedenheit über die
l Übersiedlung aus dem geliebten Pohritz nach Nfikolsburg den Phänomenen
zugrundeliegen. Vber auch in Prag, wo die beiden Frauen verwöhnt werden und
in jeder Hirtsicht zufrieden sind, geht der Spuk um sie fort. Das Detail der
Vorgänge wird von Simsa natürlich nach psychanalytischer Vrt symbolistisch
gedeutet. Vlso z. B.: „Du verdienst (im masochistisehen Sinne)
S'nfe" — daraus folgen Steinwurfe, Schlage und Püffe. ,,Du sollst kein Geld
bei dir behalten" - folgt Verlust von Geld und Schmuck. ,,Du bist nicht wert,
bessere Kleider zu haben" — die Kleider verschwinden. ,,Du verdienst kein
Essen" — die Speisen verschwinden. ,,Du gehörst aufs Feld" — Gegenstände
werden ins Feld geworfen. ,.Barfuß solM du gehen'* - Schuhe verschwinden6
). — Wenn solche naiven Tautologien als Psvchanalvse gellen sollen, dann
ist es wirklich Zeit, aus der theoretischen Hypnose zu erwachen.
') v. Schrenck-Votzing, a. a. O. L89. 2) Das. 3(3 f. .,05. \) Pas. 360. *) Das. 385.
"•) Das. 365. 6) Ebenda.
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