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Mattiesen: Ueber die psychologische Seite des Spuks

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bekanntlich meist auf der Beobachtung, daß in bestimmten Familien oder an
bestimmten Orten large Zeit hindurch Erscheinung und Todesfall zeitlich nahe
zusammenfallen. An die bekannten Erzählungen von der „weißeni Frau" so
mancher Familien oder Schlösser brauche ich nur zu erinnern. Diese Erscheinungen
ziehen sich meist durch große Zeitstrecken hin, so daß schon darum
die Mehrzahl derselben außerhalb der Bedingungen guter Beglaubigung liegt
und gerade der hier angeblich ausschlaggebende Umstand: nämlich das regelmäßige
zeitliche Zusammentreffen von Todesfall und Erscheinimg, sich
nicht erweisen läßt. Dagegen will ich nicht übersehen, daß in manchen
>orzüglich beglaubigten Fällen einmalige Spukphantome von solcher Eindrucksstärke
und in so unmittelbarer zeitlicher Nähe eines Todesfalles beobachtet
worden sind, daß trotz des Fehlens jeder ausdrücklichen Inbeziehung-
setzung die Anna,hme eines inneren Zusammenhangs sich geradezu aufdrängt.
Die Proc. S. P. R. enthalten nicht wenige Beispiele dieser Art. Ich verweise
z. B. auf den Bericht der Schwestern Pearson, wonach! etwa 12 Stunden vor
dem Tode des Frl. Harriet Pearson eine verstorbene Tante der Schwestern,
Aunt Ann, von vier Personen, einschließlich der Kranken, und zwar größtenteils
unabhängig voneinander, durch das Haus gehend, gesehen wurde *),
Wir besitzen sogar einen gleichfalls vorzüglich beglaubigten Fall, in welchem
unmittelbar nach einem Todesfall im Sterbehause ein früher verstorbener naher
"\ erwandter des eben Entschlafenen von jemand gesehen wurde, der diesen
Spukenden nicht kannte, so daß also die Identifizierung} des Phantoms erst
nachträglich und indirekt möglich war2). Natürlich ist in allen solchen Fällen
die Konstruktion von Deutungen möglich, die sich au£ die Annahme telepathischer
Vorgänge zwischen Lebenden beschränken. Aber sie sind notwendigerweise
ziemlich gekünstelt und stoßen in Fällen, wie dem vorletzten, auf
die große Schwierigkeit der verwickelten Kollektivität der Phantom Wahrnehmungen
. Anderseits gerät die Phänomenologie des Spiritismus imj weitesten
Sinn ja überhaupt immer wieder auf die Wahrscheinlichkeit, daß für die Abgeschiedenen
die Todeskrise des Lebenden irgendwie wahrnehmbar wird, und
so in einen größeren Zusammenhang gestellt, gewinnt auch die Deutung solcher
Fälle von Spuk in unmittelbarer Nähe eines Todesfalls eine viel größere
Eindeutigkeit.

Und dies ist ja ein Gedanke, den ich zum Schluß nicht nachdrücklich'
genug betonen kann: daß auch die Betrachtung der Spukvorgänge für sich
allein nie die volle theoretische Fruchtbarkeit entwickeln kann. Ich habe
Ihnen in flüchtigstem Ueberblick einige Anzeichen dafür aufgezählt* daß in
Spuk Vorgängen ein persönliches Vorstellungs- und Wunschleben sich offenbart
, das am einfachsten und sinnvollsten dem Spukenden selbst zuzuordnen
ist, nicht irgendeinem Lebenden. Aber ich maße mir nicht an, damit einen
abschließenden Beweis der spiritistischen These geliefert zu haben. Nur um
einen Beitrag zu einem Gebäude kann es sich handeln, dessen Grundlagen sehr

i) Proc. S. P. R. VI 20. 2) Das. V 422 ff.

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