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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0773
Die phänomenale psychometrische Begabung des Herrn Otto Reimann 715

•der nach beiden Seiten gekämmte Kinnbart, die kahl© Stirn und andere Einzelheiten
sind charakteristisch wiedergegeben. — Versuch ist durchaus positiv.

Somit waren alle Versuche als sehr gelungen zu bezeichnen, gewiß ein
Beweis für die phänomenale Begabung Reimanns. Es muß hierbei beachtet
werden, daß sie sämtlich in großer Eile vonstatten gingen, da Herrn R. nur
sehr wenig Zeit zur Verfügung stand. Seine Angaben geschahen fast durchweg
ohne langes Nachdenken, sehr präzise und plötzlich, manchmal wie „aus
der Pistole geschossen", wie es in dem vorigen Aufsatz hieß.

Man wird zugeben müssen, daß der Versuch mit dem chinesischen Briefumschlag
geradezu klassisch genannt werden kann, daß aber auch die übrigen
Schilderungen z. B. von Thomas Mann und Prinz Joachim Albrecht von
Preußen in ihrer Art Kabinettstücke feinster Prägung darstellen. Zum
Schluß versuchte Herr R. noch die Handschrift der anwesenden Frau L.
zu erfühlen, und nach etwa 3 Schriftversuchen schrieb er in der Tat deren
Namenszug so genau nach, daß er sowohl von mir wie von der Dame selbst
als verblüffend ähnlich anerkannt wurde.

Einige Tage darauf hatte ich nochmals das Vergnügen, Herrn R. ein
zweites Mal, aber ebenfalls wieder nur ganz kurz, zu noch einigen weiterem
Versuchen auf meiner Wohnung zu sehen. Herr R. mußte sich noch mehr
beeilen, als das erstemal, da er jeden Augenblick von dem Auto seiner Bekannten
abgeholt werden konnte.

Erster Versuch.

Zunächst wurden ihm einige Postkai ten und Briefe vorgelegt, mit dem
Hinweis, daß es sich um eine Frau handelt.

Er begann: „Die ist unerhört gebildet. Sie schreibt -viel. Sie ist Schriftstellerin
. Hat einen bekannten Namen. Sie ist etwa 4o—43 Jahre. Sie
schreibt nicht wie die Marlitt. Sie hat großen Sinn für Natur. Sie ist
fesch. Sie hat auch ärztliche Bildung und sich mit Psychoanalyse befaßt.
Sie schreibt psychologisch feine Sachen. — Die Ehegeschichte dieser Frau
ist unerfreulich. Das muß ein dummer Kerl gewesen sein. Die Ehe ist
geschieden, jedenfalls muß sie unerfreulich zu Ende gegangen sein."

Erklärung.

Es handelt sich um eine in München lebende Dame, die unter dem Pseudonym
,,Catherina Godwin" schriftstellerisch bekannt geworden ist. — Sie ist mir
persönlich gut bekannt. Die Angaben sind fast alle zutreffend. Bezüglich
der Ehe ist zu sagen, daß sie mit einem Diplomaten, dem Vertreter eines
südamerikanischen Staates verheiratet war, der wieder in seine Heimat zurückgekehrt
ist. Die Ehegeschichte ist in der Tat sehr unerfreulich verlaufen.
Der Versuch ist positiv. 9

Zweiter Versuch.

Eine Postkarte, deren Unterschrift für einen Fremden unleserlich ist. Auf
meinen Hinweis: ,,Es ist ein Mann4, beginnt Herr R.: „Genial ihn zu nennen,
wäre übertrieben! Er geht etwas befangen. Ist er Arzt? Dann ist er es


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