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728 Zeitschrift für Parapsychologie. 12. Heft. (Dezember 1930)
M.: „Oyalform, vergoldetes Silber." Nun ergreift es das Armband und führt
es an die Stirn. „Mit Rubinen (?) besetzt. Nein es sind dunklere Edelsteine.'*
Gegenstand: Brief des böhmischen Afrikaforschers Dr. Holub an seine
Auserkorene. M. hält, wie immer, seine Hand fühlend über den Gegenstand
und spricht: Es ist ein Brief, der von einem vielseitig orientierten Manne
stammt. Derselbe hat viel gelesen und ist viel in der Welt herumgekommen.
Bei aller Großzügigkeit ist er vielfach kleinmütig. Man kann ihm aber in gewisser
Hinsicht Genialität nicht absprechen. Hat sich ein großes Ziel gesteckt,
wird (?) es aber nicht erreichen."' Es ist merkwürdig, daß dieses psychometrische
Erfühlen — welches ja im allgemeinen zutrifft — schließlich in zukünftiger
Form spricht, wo der Forscher vor Jahren schon mit seinem Leben
abgeschlossen hat. Soll dies nun ein Formfehler in der Sprechweise sein, oder
hat das M. vom Standpunkt des vergangenen Datums des Brief Schreibers,
die Vision erfaßt?
Gegenstand: Eine Rechtsurkunde mit Berufungen auf viele Gesetzesparagraphen
, mit zahlenmäßigen Erläuterungen. Kaum daß das M.
die Hand darüber breitet, sagt es: „Das vertrage ich nicht! Es wimmelt ja vor
lauter Zahlen und Paragraphen! Bitte weiter!"
Gegenstand: Photographie einer anwesenden Dame im Ballkostüm
einer Carmen.
M.: „Die Persönlichkeit trägt ein heute nicht mehr gewohntes Kleid
mit Fächer, ist von wankelmütigem und wechselndem Charakter." — Die Schuld
an einem so unangenehmen Eklat hätte der Ueberreicher sich und der anwesenden
Dame ersparen können, hätte er die mehrfach ergangene Warnung
des M.s berücksichtigt, keinen Gegenstand betreffend einer anwesenden Person
vorzulegen. Uebrigens wurde der Fall glaubwürdig dahin geklärt, daß die beschriebenen
Charaktereigenschaften sich nicht auf die Trägerin des Kleides
selbst, sondern auf die sie vorstellende Carmen beziehen.
Gegenstand: Adreßzettel mit Autor einer Abhandlung über Radio.
M.: „Ein Zettel: es handelt sich um Musik? — Ist es nicht Radio?"
Gegenstand: Die Photographie mit Unterschrift des Mediums selbst,
also wieder ein Gegenstand, welcher entgegen dessen Warnung, zur Vorlage
gelangte und uns den Abend um eine Verlegenheit bereicherte. Die Vorlage hatte
angeblich einen guten Grund. Der Hellseher sollte geprüft werden. Der Zweck
wurde erreicht.
M.: „Das ist ein Bild eines merkwürdigen Menschen. Ich weiß nicht, was
mit ihm anzufangen. Ist es eine Frau oder ein Mann, oder gar beides? Es ist
mir unmöglich, etwas herauszufinden. — Diese Person verkehrt in keiner
guten Gesellschaft." Nach längerer Pause: „Das bin ich ja selbst!" Springt
auf und reißt gleichzeitig die Binde herunter, reibt sich die Augen und ist
sichtlich verlegen. Nach Unterbrechung vorstehender Experimente wurde eine
Erholungspause eingeschaltet. Auf diese Pause folgte der zweite Teil des
Abends, welcher bloß eine Wiederholung der Karlensyinbolistik brachte und
mit welcher der interessante Abend um etwa ii/jj Uhr nachts seinen Abschluß
fand.
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