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Zeitschrift für Parapsychologie. Heft 1. (Januar 1931.)
Konirolle dem Medium so nahe war und sein ganzes phvsisches und psychisches
Befinden während S—'i Stunden so genau zu beobachten Gelegenheit hatte, ist
seitdem die Frage in mir nicht verstummt: Haben wir es bei den geschilderten
Erlebnissen, deren geheimnisvollem Hauch sich wohl keiner der zahlreichen Teilnehmer
je zu entziehen vermochte, einzig und allein mit einer Wirkung (im
weitesten Sinne gemeint) des Mediums allein zu tun?
Herr Dr. Bruck prägt den Satz: „Daß aber in ihnen (den Phänomenen,
oder .,in der immer noch umstrittenen Wesensart der parapsychischen
Dynamik") nur animistischc Triebkräfte wirken, darüber ist man sich jet/t
wohl ziemlich klar."
Mit Verlaub, so ist das nicht!
Herr Dr. Bruck ist mir aus seiner, fast mit schöner Regelmäßigkeil in den
Vortragsabenden Berliner Gesellschaften erfolgenden Verteidigung seines animi-
stischen Standpunktes wohlbekannt. Aber inwiefern ..ist man sich jetzt wohl
ziemlich klar"? Gewiß, Schrenck-Nolzing betonte wohl meist seinen animi-
stischen Standpunkt, seine große Erfahrung mag ihn dazu berechtigt haben*
aber: den „berühmten Rest" mußte auch er gelten lassen, und, wie ich bereits
in meinem Nachruf auf den Verblichenen (Aprilheft io/*c)) erwähnte: in stiller
Stunde verstand er sich mir gegenüber einmal zu dem Satz: „Vielleicht ist die
Lösung all der aufgeworfenen Rätsel noch eine ganz andere, i\h wir heule
allesamt vermuten." So ließ auch er letzten Endes ein Fragezeichen übrig,
doch sein Mund ist verstummt, seine endgültige Auffassung liegt schriftlich
fixiert wohl kaum \or. Doch bin ich der Meinung, daß gerade die von ihm geplante
Protokoll-Veröffentlichung über dieses sein bedeutendstes und berühmtestes
Medium den Streit der Geistor entfacht haben würde, und vielleicht
werden wir es bald erleben, daß nach der bevorstehenden Publikation durch
Baronin Gabriele \on Schrenck-Notzing und nach dem Bekanntwerden der
namentlich aufgeführten Kronzeugen durch diese selbst, unter denen sich
gewiß Gelehrte aller Fakultäten befinden, die Frage erst hin und her debattiert
werden wird, die Herrn Dr. Bruck heute bereits als abgeschlossen und erledigt
dünkl. Jedoch möchte ich schon hier an ihn die Frage richten: Bezieht sich
seine These von der alleinigen Wirksamkeil animislischer Triebkräfte auch auf
das große physikalische Medium jenseits des Ozeans, auf Mrs. Margery? Wenn
ja, hat er bei diesem Urteil auch das durch zahlreiche Teilnehmer bestätigte
Phänomen des Wachsabdruckes von „Walter", dem >erstorbenen Bruder des
Mediums, berücksichtigt?
Bezieht sich seine These auch auf die Phänomene der ehrenhaften und zuverlässigen
Frau Maria Silbert, deren starke Medialität auch trotz der Ablehnung
seitens einiger deutscher Nörgler und des polnischen Bibliothekars der
englischen S. P. R. auf jeden Kenner der Dinge überwältigend wirkt, so daß
sich wohl die meisten Lnlersucher bei der Manifestation „Neils* dein Einwirken
einer jenseitigen „Intelligenz" nur schwerlich zu entziehen vermögen?
Und ferner: Dr. Bruck spricht von der „spiritistischen Ideologie" der
Brüder Schneider. Gewiß, auch von Schrenck hat diese nicht stören wollen,
aber aueti nicht zu stören vermocht! Warum aber war nur dann ein
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