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Buchbesprechungen.
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letzten zehn Jahren nur einmal vor 15 Monaten wegen leichter Magenstörungen
behandelt hatte. Der Fall ist besonders bemerkenswert, da er erstens von einem
bekannten Forscher erlebt worden ist, der zudem sofort sich Notizen machte,
und er außerdem sich auch brieflich an die Dame wandte, ohne daß er auf
normalem Wege von der Krankheit gehört hatte.
4. Regnault, Dr. Abrams und seine Methode. Bericht über
die diagnostische Methode eines amerikanischen Arztes, der mittels elektrischer
Ströme Diagnosen stellte. Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob auch über-
normale Erkenntnisse dabei eine Rolle spielen, doch weiß Regnault selbst nichts
darüber zu berichten. Der Aufsatz ist zu kurz, als daß man ein klares Bild der
Methode erhielte, und auch die Frage der übernormalen Erkenntnis läßt sich
nach dem Mitgeteilten nicht entscheiden, dazu bleibt das Gesagte zu sehr im
allgemeinen. T i s c h n e r.
Buchbesprechungen.
Otto Weinreich, Gebet und Wunder. Zwei Abhandlungen zur Religions-
und Literaturgeschichte. W. Kohlhammer, Stuttgart 1929, 22 Mark.
Den Hauptgegenstand dieser sehr gründlichen und gelehrten Schrift bilden
die aaitiken Ueberlieferungen über geheimnisvolles Oeffnen von Türen, sei es als
reines Wunder, sei es als Wirkung von Gebet oder Magie. Solche Vorkommnisse
finden sich seit Homer zahlreich in Mythus und Poesie, werden aber auch
im Zusammenhang mit geschichtlichen Ereignissen berichtet, z. B. als Vorzeichen
vor dem Sieg des Epaminondas bei Leuktra (S. 92 ff.) oder als Omen \or
Casars Tod (S. 97). Besondere Aufmerksamkeit schenkt der Verfasser denjenigen
Wundererzählungen der Apostel geschichte, die von der geheimnisvollen
Befreiung gefangener Apostel handeln: 5,19ff., 12,7ff., 16,25ff. Er nimmt eine
besondere Stilisierung dieser Berichte unter dem Einfluß antiker Dionysostraditionen
an, vor allem des euripideischen Dramas „Die Bakchen", das weit
verbreitet gewesen. In diesem Drama werden die Bakchen wie Dionysos
selbst aus dem Gefängnis, in das sie ihr Gegner Pentheus geworfen, in wunderbarer
Weise befreit, der Gott unter Begleiterscheinungen \on Erdbeben und Feuer.
Leider wird aus W.'s Darstellung nicht klar, wie weit diese Stilisierung in
der Apostelgeschichte gereicht haben soll. Die Substanz jener drei Ueberlieferungen
scheint er ais urchristliche Legendenbildung zu werten, die sich dann
aus dem Wunderbedürfnis des frommen Gemüts erklären würde. Fragt sich
nur, wie vor allem ein Petrus (Kap. 12) aus dem Gefängnis wieder herausgekommen
sein soll, in das ihn Agrippa I. gesetzt hatte. Man müßte dann schon
die Inhaftierung selber für Legende halten. Aber solch bestimmte Angaben wie
die, daß der befreite Apostel vor dein Hause der Mutter des Johannes Markus
erscheint und hier von der Türhüterin Rhode empfangen wird, lassen das wenig
tunlich erscheinen.
Hier hilft die Parapsychologie weiter, die uns lehrt, daß zu den Spukerscheinungen
, zumal in Gegenwart medialer Personen, wie Petrus ohne Zweifel eine
war, auch das gehört, daß sich Türen von selber öffnen. Vgl. J u s t i n u s
Kerner, Blätter aus Prevorst X, 107. Rätselhafte Erlebnisse aus
dem Leben einer Nichtspiritistin, Leipzig, Mutze 1903, S. 27, 31, 36. Flamin
a r i o n , Rätsel des Seelenlebens, Deutsch von Meyrink 1909, S. 86, auch was
in dieser Zeitschrift Schrenck-Notzing über den Nikolsburger Spuk berichtet
hat, Jahrg. 1928, S. 10 u. a. Auch das Lösen, bzw. Verschwinden der
Fesseln sowie die Erscheinung einer leuchtenden Materialisation, die als Führer
dient, stehen durchaus nicht außerhalb des Bereichs aller Möglichkeiten. Man
beachte, daß Petrus nach dem deutlichen Bericht der Apostelgeschichte, V.9- 12,
damals im Trance war und an die objektive Wirklichkeit dessen, was mit ihm
vorgegangen, erst glaubt, als er sich auf der Straße befindet und wieder zu sich
gekommen ist. So dürfte trotz aller möglichen Stilisierung das wesentliche
in dem Befreiungsbericht Apostelgesch. 12 doch geschichtlich sein. In der Erzählung
von der Befreiung aller Apostel durch einen Engel in Kap. 5 mag dann
nur eine legendenhafte Dublette zu dieser Ueberlieferung vorliegen. Der dritte
inkriminierte Bericht, der über die Vorgänge im Gefängnis zu P h i 1 i p p i,
Kap. 16, wird nicht einfach als Steigerung des im Kap. 12 Erzählten zu werten
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