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Buchbesprechungen.
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Ghosts and Spirits in thc ancient world, von E. J. Ding wall (124 Seiten, Verlag
Kegan Paul, London; Preis 2,5 Shillings).
Der bekannte englische Parapsychologe Dingwall, vor einigen Jahren Untersuchungsbeamter
der SPR. gibt in dem kleinen Buch einen guten Ueberblick
über okkulte Phänomene im Altertum, in Aegypten, Indien, China, bei Griechen
und Römern. Da das auf ernstem Studium beruhende Buch viele Literaturnachweise
bietet, ist es trotz seiner Kürze ein ausgezeichneter Führer in das weitschichtige
Gebiet. Man ersieht aus dem vorgelegten Material, daß nicht nur die
parapsychischen, sondern auch die paraphysischen Phänomene in der Literatur
all jener Völker vorkommen. Das hohe Alter der auch uns stark bewegenden
parapsychischen Erscheinungen wird häufig für deren Echtheit ins Treffen geführt
; doch wird der Skeptiker umgekehrt schließen, daß die zur Hervorbringung
der immer gleichen Phänomene verwendeten Tricks ein sehr ehrwürdiges
Alter aufweisen.
Dingwall selbst ist nur von der Echtheit mancher parapsychischer Erscheinungen
überzeugt, während er die Frage nach der Echtheit der paraphysischen
Phänomene offen läßt; doch wünscht er eine streng wissenschaftliche Prüfung
des ganzen okkulten Erscheinungsgebiets. Sicher wird Dingwalls Buch das
Interesse seiner Leser für unsere Forschungen wecken, da die wie immer zu
deutende Uebereinstimmung der Erlebnisse von Angehörigen der verschiedensten
Völker aus allen Jahrhunderten uns unter allen Umständen vor ein höchst interessantes
Problem stellt. R. Lambert.
„Das Geheimnis der goldenen Blüte.** Von Richard Wilhelm und C. G. J u n g.
Dornverlag (Grete Ullmann), München. Preis brosch. M. 10.—, geb. M. 12.—.
(11 Tafeln und 3 Illustrationen.)
Die diesem merkwürdigen altchinesischen Buch zugrundeliegenden Geheimlehren
lassen sich bis ins S. Jahrhundert zurückverfolgen, wenn auch das mündlich
Ueberlieferte erst etwa im 17. Jahrhundert erstmals schriftlich fixiert wurde.
Der Neudruck, den Prof. Wilhelm seiner Uebersetzung zugrundelegte, wurde
von einer esoterischen Sekte in China im Jahre 1920 veranstaltet. Es handelt
\on der uralten Lehre der Gewinnung des „goldenen Lebenselixiers", der Ausbildung
der „goldenen Blüte" im Innersten des Menschen, zur Erlangung des
dem Sinnenschein und irdischen Trug entrückten mystischen Lebenszustandes.
Die „goldene Blüte" entspricht etwa dem innersten Seelenkern, dem Seelenfünk-
lein Meister Eckharts und es gilt, diesen Seelenkern mit dem göttlichen Wesensgrund
, dem göttlichen Urlicht (das hier unpersönlich gefaßt ist) zu vereinigen.
Eingehend werden die einzelnen Uebungen und Meditationsstufen geschildert,
die zu der nötigen Verinnerlichung, zum „Entwerden" (wie Meister Eckhart es
nennt) und im Anschluß daran zum allmählichen Entstehen der „goldenen Blüte"
führen. — Der bekannte Psychoanalytiker C. G. J u n g (Zürich) sucht in einer
ausführlichen Einleitung das in diesem alten Text Erstreble dem europäischen
Verständnis näherzubringen. Ob er dabei den richtigen Weg eingeschlagen hat,
mag der Leser selbst entscheiden. Es ist immerhin ein Fortschritt gegenüber dem,
was man sonst von Psychoanalytikern und Psychiatern gewohnt ist, wena Jung
diesen innersten, mystischen Seelenbereich und die dort entspringenden seelischen
und geistigen Regungen als etwas Wirkliches, Reales auffaßt, das man hinnehmen
und anerkennen müsse. Dagegen kann man ihm — trotzdem er sich
dagegen verwahrt —- den Vorwurf des Psychologismus nicht ersparen, wenn
er (ähnlich wie der Animismus auf parapsychologischem Gebiet) meint, daß
diese Dinge ais etwas rein Menschliches, lediglich eine innerseelische Angelegenheit
des Menschen sind, sonst nichts (also nicht etwa das Hincinwirken übermenschlicher
, göttlicher oder kosmischer Kräfte in die menschliche Seele, ihre
Erhebung zu ihnen und Vereinigung mit ihnen). Auch durch das „Kollektiv-
Unbewußte** das gemeinschaftliche Unbewußte Jungs kann man diese Dinge
m. E. nicht genügend erklären, geschweige denn, sie restlos daraus ableiten.
(Wer denkt hier nicht an das „kosmische Reservoir" mancher Parapsycho-
logen?!) Interessant sind die Erfahrungen mit Patienten, auf die Jung hinweist,
die nach Erreichung eines bestimmten Grades der Verinnerlichung und Durch-
geistigung, der dem in dem chinesischen Text Erstrebten verwandt zu sein
scheint, ihr seelisches Gleichgewicht wieder fanden und ihr ganzes Leben von
einem höheren Standpunkt aus zu betrachten und zu erleben lernten. Einige
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