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Bergmann—Schmidt: Für oder gegen den Spiritismus? 79
vtir einmal unsere Klingen kreuzen dürfen \or einer Hörergemeinde von so
gewaltigem Umfang, wie ihn eben nur der Rundfunk zu bieten vermag.
Schmidt: Vergessen wir aber dabei nicht, daß uns das Ohr dieser Gemeinde
nur auf eine knapp zugemessene Zeit geliehen ist. Unsere Ausspracht*
kann sich daher nicht auf den gesamten Spiritismus erstrecken. Wir müssen
sie vielmehr auf all das beschränken, was für die Beleuchtung und Lösung
unserer Streitfrage von entscheidender Wichtigkeit ist.
Bergmann: Das ist auch mir ohne weiteres klar, aber ich möchte die
Behandlung unseres Themas auch noch nach einer anderen Richtung abgrenzen
. Sie wissen ja, daß die seltsamen Vorgänge und Erscheinungen, um
welche es sich bei unserer Diskussion handelt, in ungemein zahlreiche Gruppen
zerfallen. Da gibt es beispielsweise da? Tischrücken, das Hellsehen, den Wahrtraum
, die Anmeldung Sterbender, den Spuk, die Klopf töne, das Tranceredon,
die Ps-ychometrie, die Telekinese oder Fernbewegung, die Levitation und noch
vieles andere, was gewöhnlich als okkult oder spiritistisch bezeichnet wird.
Meie von diesen Phänomenen werden in ihrer Realität nicht anerkannt, sondern
sie werden vielfach noch \on solchen, die sie niemals erlebt haben, als unmöglich
und daher auch als unwirklich hingestellt. Wenn wir nun aber uns erst darüber
zu einigen hätten, ob die okkulten Erscheinungen tatsächlich existieren und
niehl etwa ins Gebiet der Ammenmärchen und Hirngespinste gehören, so fürchte
ich, daß die kostbaren Minuten unserer Redefrist verronnen sind, bevor wir
noch zu dem eigentlichen Kern unserer Diskussion durchdringen, nämlich zu
der Haupt- und Grundfrage: Wie sind diese Erscheinungen zu erklären? Was
haben wir von ihnen zu halten? Lassen sich aus ihnen für unser Weltgefühl
irgendwelche Folgerungen und Schlüsse ziehen?
Schmidt: Jch möchte gleich Ihnen glauben, daß wir die Realitäts-
frage ausscheiden können, denn in dieser Hinsicht sind in der öffentlichen
Meinung durchgreifende Wandlungen vor sich gegangen. Es \erstreicht kaum
eine Woche, wo nicht diese oder jene von den Erscheinungen, die Sie vorhin
aufzählten, in den Tageszeitungen eine Rolle spielen. Solche Dinge, wie Voraussagungen
, zweites Gesicht, liandksen, Gedankenübertragung, ja selbst Svm-
pathiekurtn werden nicht mehr wie früher ohne weiteres abgelehnt und verspottet
, und wenn einmal in der Presse von Spukhäusern berichtet wird, so
spricht man im Leserkreis nicht mehr durchweg von Humbug, sondern man
fragt sich: wie ist die Sache zu erklären?
Bergmann: Gut also: halten wir uns denu lediglich an Ihr soeben
gesprochenes Wort: Wie ist die Sache zu erklären? Oder, genauer ausgedrückt
: Haben die Spiritisten recht mit ihrer Ansicht, daß bei den okkulten
Erscheinungen Geister, sogenannte Spirits, und zwar vornehmlich die Seelen
Vbgeschiedener, ihre Hand im Spiele haben, oder lassen sich diese Vorgänge
auf andere Weise erklären?
Schmidt: Die Antwort auf diese Frage wird sich am sichersten finden
lassen, wenn wir sie eben an Hand derjenigen Erscheinungsgruppen suchen,
welche von den Spiritisten selbst als die festesten Stützen ihres Geisterglaubens
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