http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0109
Bergmann—Schmidt: Für oder gegen den Spiritismus ?
87
Malerialisationsmedien ich erinnere nur an Bastian und Eglinton - - al«
Betrüger entlarvt wurden. Jch weiß auch, daß in spiritistischen Sitzungen die
Anwesenden in einen Zustand von hypnotischer Befangenheit geraten können,
in welchem sie einer gemeinsamen Halluzination unterliegen, so daß sie die
ihnen vom Medium suggerierten Gestatten in leibhaftiger Wirklichkeit zu sehen
und sogar anzufühlen glauben. Ich will jedoch von all diesen Erklärungsversuchen
absehen, weil ich andererseits auch weiß, daß gerade in neuester Zeit
von hcr\orragenden Forschern, besonders von Schrenck-Notzing und Gelev,
mit Hilfe \on entsprechenden Medien Materialisationen unter vollsländig einwandfreien
Bedingungen zustande gebracht wurden. Die Echtheit dieses Phänomens
steht daher außer allem Zweifel. Wir haben uns also nur noch zu fragen:
Was ist die Entstehungsursache dieses Phänomens? Handelt es sich hier wirklich
um einen Geist aus der jenseitigen Welt, der liier sieht- und fühlbar erscheint
? Oder sind es auch hier wieder Innenkräfte des Mediums, die das Mate-
rialisalionsgebilde zustande bringen?
Bergmann: Ich glaube, daß die Vnlwort auf diese beiden Fragen in
einer zwischen ihnen gelegenen Mittellinie zu suchen ist. Die materialisierte«
Erscheinung ist wirklich ein Geist, der aber nur dadurch sichtbar in Erscheinung
treten kann, daß er sich eine feinstoffliche Materie vom Körper des Medium*
aneignet.
Schmidt: Hier kommen wir beinahe zusammen und es bleibt mir nur
die Frage offen: warum bemühen wir überhaupt noch einen jenseitigen Geist?
Hat nicht das Medium in sich selbst einen Geist oder, richtiger gesagt, einet
lebendige Seele? Eben dieser müssen wir ein formgebendes Prinzip zuerkennen,
mittels dessen sie einst den Körper de* Mediums selbst aus einer einzigen befruchteten
Eizelle im Mutterleibe aufgebaut hat. Die Materialisationen wären
demnach nichts weiter als Gebilde, die das Medium durch die gestaltende Kraft
seiner Seele selbst erzeugt, und zwar unter dem Einfluß von Vorstellungen,
und Gedanken, die es nach außen projiziert, aus sich herausstellt. Ja, selbst
die Vorstellungstätigkeit der Anwesenden hat Einfluß auf den Inhalt der Phänomene
. Bedenken wir doch, daß ganz ähnlich wie bei einem tief Hypnolisierten
bloße Gedanken nicht nur tiefgreifende Wandlungen in seinen organischen
Funktionen hervorzurufen vermögen, sondern daß diese Gedanken sich sogar
verkörpern und sichtbar an seiner Haut gleichsam zutage treten können.
Die bloße Vorstellung des Hypnotisierten von einem ihm aufgelegten Fliegen-
pflaster verkörpert sich auf seiner Hautoberfläehe in eine richtige Brandblase.
Diese formb'ldende Kraft des Gedankens, die uns in der Hypnose Iwgegnet,
kann sich bei einem entsprechend veranlagten Medium in so hohem Grade
steigern, daß seine Vorstellungen sich in ganze Gestalten umsetzen.
Bergmann: Wenn nun aber diese Gestalten in ihren Gesichtszügen,
in iJinge und Breite des Körpers, in ihrem Aussehen, in der Form ihres Bartes,
in ihrer Gangart, in ihren Bewegungen, in ihrer Spiechweise, kurz, in tausend
Einzelheiten genau mit dem Wesen übereinstimmen, das sie vorstellen und
das sie einst in ihrem irdischen Dasein gewesen sind?
Schmidt: \uch dann brauchen wir noch nicht an einen Geist zu denken.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0109