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Kulmer: Baron Hellenbach als Denker, Forscher u. Menschenfreund. 95
24. Oktober fand rian ihn im Zimmer seines Gasthofes wie schlafend auf dem
Diwan ausgestreckt. Sein Antlitz zeigte den gleichen friedlichen, anziehenden
Ausdruck wie zur Zeit seines Lebens. Ein Buch war seiner Hand entsunken;
die' feierliche Stille des Todes hatte ihn, den rasitlos Schaffenden umfangen.
Seine Seele war aus der Anschauungsform unseres leiblichen Daseins ausgetreten
. Seine irdische Hülle wurde im selben Jahr nach Bistrica überführt
und daselbst in dem nahen Wallfahrtsort Maria Bistrica beigesetzt.
Heilenbach als Charakter und als Person lieh keil.
Der große Weise des Morgenlandes, Konfuzius äußerte sich wie folgt:
„Ein Weiser, der innerlich hoch siehe, dürfe noch nicht als vollendet gelten:
er müsse sich mit Würde geben. Ein Weiser, der sich mit Würde gäbe, dürfe
auch noch nicht als vollendet gelten: die Würde müsse zur Anmut
sublimiert sein. Die Tiefe könne erst als Tiefe gelten, wenn sie die ganze
Oberfläche durchleuchtet.'*
Ich stelle mir vor, daß Heilenbach in seiner letzten Lebensperiode diesem
Grad von abgeklärter, liebenswürdiger Weisheit sehr nahe gekommen ist. Aber
lassen wir vorläufig demjenigen, der ihn persönlich gekannt hat und oine Biographie
von ihm verfaßte. Hübbe-Schlciden, das Wort:
„Der Begriff ,Zauber der Persönlichkeit* ist hier die volle Wahrheit.
Heilenbach hatte in seinem Wesen und in seiner Erscheinung in der Tat etwas
Bezauberndes; er war von Natur hinreißend liebenswürdig. Die vollkommene
Herrschaft, welche er über sich selbst ausübte, gewährto
ihm eine unbewußt wirkende Ueberlegenheit, welche, gepaart mit voller Ungezwungenheit
des Entgegenkommens, ihm die Herzen aller gewann. Seine
äußere Erscheinung war schlank, elastisch, von mittlerer Größe, jugendfrischem
Aussehen mit scharfem, klarem Auge und offenem, freundlichem Blick. Seinen
Mund umspielte meist ein schelmisches Lächeln, der natürliche Ausdruck seiner
humorsprudelnden Natur. Dabei war sein Auftreten zugleich kraftvoll und
elegant; er war ganz und gar der geborene Grand seigneur", und zwar ebenso
innerlich wie äußerlich. Er konnte übermütig sein, aber nie hochfahrend und
durch unberechtigte Anmaßung verletzend. Er war wie alle wahrhaft bedeutenden
Menschen und alle edlen, fein entwickelten Naturen im hohen Grade
tolerant und ließ alle Individualitäten willig für das gelten, was sie geistig
wert waren. Wenn jemand es darauf anlegte, ihn zu beeinträchtigen, so beschränkte
er sich in seiner Abwehr meistens auf ein mehr mitleidiges als
geringschätzendes Achselzucken. Erwies sich aber der Angreifer von geistigem
oder sittlichem Belang, daß es sich lohnte, ihn von seinem Irrtum zu überzeugen
, dann entfaltete sich die ganze Liebenswürdigkeit und geistige Ueberlegenheit
dieses seltenen Mannes in einer so bezaubernden Weise, daß ihm niemand
zu widerstehen vermochte. Im Umsehen wußte er solchen Gegner in
einen Verehrer umzuwandeln.
Er konnte zwar im Dienste einer gerechten Sache auch sehr *charf entgegnen
, aber er wollte nie rücksichtslos sein gegen Personen. Dafür
kämpfte er schonungslos gegen die ?nenschiichen „Vorurteile", Schwä-
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