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Zeitschrift für Parapsychologie. 2. Heft. (Februar 1Q31.)
chen und Kleinlichkeiten als solche. Er stand geistig so selbständig
und unabhängig da, daß es ihm allemal eine Herzensfreude war, dem „Steiniget,
ihn" von der Meute der Alltagsmenschen zu trotzen. Deshalb aber hatte er für
keine menschliche Schwäche weniger Nachsicht als für Feigheil:
mit keinen: menschlichen Mangel weniger Geduld als mit geistiger Unselbständigkeit
und dem gedankenlosen Nachsprechen der vermeintlich herrschenden
Ansichten, namentlich, wenn solche Beschränktheit um erschämt und anspruchsvoll
auftrat. Er ließ jedermann* selbständige \nsicht willig
gelten, abei nur sehr ungern die durch das Rottengefühl oder die Furcht vor
anderen diktierte.
Man wird wohl kaum fehlgreifen, wenn man diese sich erhaben fühlende
Selbständigkeit und diesen hochstrebenden Mut als den Grundzug \on Hellenbachs
Wesen betrachtet; in diesem Sinne kann man ihn als einen titanenhaften
Charakter bezeichnen. Aber er konnte sich so weit über alle gewöhnlichen
Einflüsse und Geistesströmungen nur deshalb erheben, weil er ganz
ungewöhnlich reich begabt war. Er war eine durchweg großartig angelegte
Natur und ein universell angelegter Geist. Etwas Gewaltiges lag in seinem
Wesen; und alle schweren Schicksalsschläge, die ein Menschenleben treffen
können, vermochten ihn nur für einen Augenblick zu beugen, niemals ihn zu
brechen. Diese elastische Spannkraft kennzeichnet ihn mindestens ebensosehr,
wie der hohe Vdel seiner Gesinnung die warme Menschenliebe, welche ihn mitfühlend
zu allen leidenden Wesen hinzog, seine Begeisterung für den Fortschritt
der Menschheit und den Sieg der Wahrheit.
Hellenbach erfreute sich bis an sein Lebensende einer unverwüstlichen
körperlichen und geistigen Frische. Man könnte die* ««piner einfachen und
rationellen Lebensweise und seinen Abhärtungsmaßregeln zuschreiben. So
pflegte er täglich mit Hanteln zu turnen, die so schwer waren, daß ein anderer
sie kaum heben konnte. Nicht weniger geübt war er in allen anderen Sport -
und Kraftkünsten. Wie in allen körperlichen Fähigkeilen gewandt, so war er
auch ein genialer, fast unübertroffener Meister in alleu Ycrsta nd es spielen.
Ebenso war seine geistig«' Vrbeitskraft geradezu erstaunlich an Schnelligkeit
wie an Leistungsfähigkeil.
Er war ein unvergleichlicher Gesellschafler. Er selbst war zwar nicht an
Ariele Bedürfnisse gebunden, aber er verstand es, als Gastgeber selbst die höchsten
Anforderungen des Geschmackes anderer zu befriedigen. Obwohl Hellenbach
in seinen späteren Jahren nur selten in der Öffentlichkeit das Wort ergriff
, so bewies er doch, wo immer er dies im größeren oder im' kleineren
Kreise tat, eine hinreißende Rednergabe. Seinem großen Wissen und Können
stand auch *»in treues Gedächtnis zu Gebote. Außer der unschätzbaren Gabe,,
alles anschaulich da 1 zustellen, kam ihm hierbei sehr zustatten, daß er in allen
wichtigen Fragen mit sich selbst im reinen w ar. Wer nur irgendeine
seiner Schriften in die Hand nimmt, wird dies auch aus diesen schon erkennen.
Er übertrifft seinen geistigen Lehrer Schopenhauer wenigstens darin,
daß er es verstand, für noch weitere Kreise der ,,gebildeten'* Gesellschaft zu
schreiben.
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