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Ludwig: Um das Geheimnis des Todes.
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hellem Ton. Mir standen die Haare schon zu Berg, und ich dachte, was wird
jetzt kommeni? Da erhielt ich einen starken Druck durch die Bettdecke auf
die Achsei, dann war ein paar Minuten lluh. Ich sah gegen das Fenster hin, dort
war jetzl eine Gestalt, aber schwarz. Ich sah die Gestalt sich aul mich zu bewegen
. IM schloß ich die Augen so fest, daß sie mir niemand hätte öffnen
können. Ich dachte mir: Nein, eine Erscheinung mag ich nicht sehen. Jetzt
fühlte ich es genau, daß jemand vor mir stand. Ich meinte, es sei von mir nur
eine Phantasie und ich wehrte mich im Geiste dagegen und dachte mir, ich
könnte irrsinnig werden. Ich betete, der Herr möge mich vor Irrsinn bewahren.
Ich erkannte es genau, daß eine Gestalt vor mir in nächster Nähe stehe und
meinte, es sei der Satan. Noch hatte ich die Augen fest geschlossen, doch sah
ich eine männliche Gestalt vor mir. Es war ein Mann von etwa 55 Jahren,
mittlerer Größe, magerem Körperbau, mit abschüssigen Achseln. Der Bart war
auf etwa dreiviertel Zoll abgestutzt, der Schnurrbart ebenso. Der Bart war
grau, jedoch ließ er erkennen, daß er noch mit einigen schwarzen Haaren durchschossen
war. Der Gesichtsausdruck war gut, jedoch war der Scheitel breit. Diese
Gestalt stand vielleicht zwei bis drei Minuten vor mir und es drang auch sein
Atem so auf mich ein, daß ich mich von ihm abwandte gegen die Wand zu.
Ich dachte mir, von der Hölle mag ich nichts einatmen, denn ich meinte noch
immer, es sei ein Geselle des Satans. Als ich mich weggewendet hatte, fühlte
ich den Atem nicht mehr. Jetzt hörte ich den Sessel neben meinem Kopfende
krachen und wie ein großer Seufzer ausgestoßen wurde. Es dauerte noch kurze
Zeit, dann krachte auch der Tisch, wie wenn eine große Last daraufgelegt
würde, darauf war es ruhig, und ich schlief ein. Tch war andern Tags sehr angegriffen
und sagte von dem Vorfall nichts, wie ich meinte, um mich nicht aufzulegen
. Ja, ich schlug mir jeden Gedanken darüber aus dem Kopf.
Am i4. April, also vier Tage nach dem Erzählten, kam die Tochler des
Hauses, Ida. in unser Zimmer und sagte: ,Wollen wir hoffen, daß es anders
wird/ ,Ja,' sagte ich, ,es darf schon anders werden, sonst werde ich noch ein
Narr. Was mir vor vier Tagen passierte, bringe ich nicht mehr aus dem Sinn',
und ich erzählte ihr nun der Vorgang der Sache vom 10. April. Sie sagte: ,Als
mein Vater beim Herrn Pfarrer war, da sagte derselbe, dieser Geist sei der
frühere Besitzer des Hauses mit Namen M . .. Ich selbst', sagte sie, .habe den
Herrn M... nicht gekannt, fragen Sie den Nachbar, wie er aussah, vielleicht ist
er es wirklieh gewesen.' Andern Tags fragte ich den Nachbar, wie Herr M.
aussah. Vom Nachbar konnte ich nur soviel Aufklärung erhalten, daß Herr M.
groß und mager war. Auf die Frage: Was hat er für einen Bart gehabt, erhielt
ich zur Antwort: ,Er hat einen Bart gehabt, ob aber Vollbart oder Schnurrbat,
weiß ich nicht mehr recht, denn Herr M. kam selten aus dem Haus. Gekannt
hab' ich ihn, aber ich sah ihn selten.* Die Begebenheit vom 10. April war durch
die Hausleute dem Herrn Pfarrer mitgeteilt worden. Nun ordnete der Herr
Pfarrer zu meiner Prüfung an, es sollten mir vier Porträts von vier bärtigen
Männern vorgelegt werden, unter denen sich auch das Porträt des Herrn M.
befand*'. Nach ungefähr sechs Wochen trat Fräulein Ida in mein Zimmer und
sagte, sie hätte Porträts, ich sollte dieselben ansehen, ob ich diese Männer nicht
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