Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0176
150

die Fortexistenz der persönlichen Seele nach dem Sterben und ihre Möglichkeit,
mit den Irdischen in Verkehr zu treten, für impossibile erklärte. Gefährlich wären
auch die gar zu Leichtgläubigen, weil sie das Gebiet in Verruf brächten, unbequem
zwar die Skeptiker, aber doch wichtig im Interesse einer Verschärfung der
Versuchsanordnung und einwandfreien Berichterstattung.

Der Forscher selbst müsse unbefangen die Tatbestände feststellen, wobei er
leider, im Gegensatze zu dem Physiker oder Physiologen, damit rechinen müsse,
daß das Versuchsobjekt, das Medium — die französische Schule nennt es
Metagnom -- betrügen könne. Er müsse deshalb alle Möglichkeiten für einen
bewußten oder unbewußten Betrug der Metagnomen ausschließen.

Wenn Herr Professor Driesch bemängelte, daß Medien gegen den, welcher
bei ihren Demonstrationen Betrug annähme, mit Beleidigungspro/essen vorgingen
, so mag dies vom Standpunkt des kritischen Forschers aus wohl verstanden
werden, aber Herr Professor Driesch wird sich dann auch klar darüber
werden müssen, daß ehrbare mediale Frauen oder Männer in Deutschland wenig
Lust haben werden, sich für irgendwelche Forschungen /ur Verfügung zu stellen,
wenn sie später ungestraft von jedem Kritiker, „in Wahrung berechtigter Interessen
", öffentlich des bewußten Betruges ge/iehen werden können. Warum soll
Medien nicht zustehen dürfen, was sonst jedem Staatsbürger gestattet ist?

Bei dem Versuch, die festgestellten Tatsachen zu erklären, wäre, so führte
Driesch weiter aus, der alte scholastische Grundsatz „Entia non sunt creanda
praeter necessitatem" zu befolgen. Nachdem der Vitalismus bereite zur Einführung
einer neuen Wesenheit, der Entelechie, geführt hätte, hätte die parapsychologische
Forschung die Existenz der Telepathie und des Hellsehens -einwandfrei
erwiesen und damit die Einführung neuer „Entia" erforderlich gemacht.
Auch die Telekinese wäre, besonders durch Schrenck-Notzings Versuche, sehr
wahrscheinlich gemacht und ebenso der Spuk, nach Untersuchungen des vorsichtigen
Amerikaners Walter Prince, wenngleich auf diesem Gebiete noch weitere
Bestätigungen abzuwarten seien. Jedenfalls gäbe es eine Reihe von Phänomenen,
die sich am einfachsten durch die spiritistische Hypothese erklären ließen.

Die animistische Hypothese führte als neue Wesenheit den Seelenraum ein,
in dem sich die seelische Verbindung zwischen dem Metagnomen und dem, der
um eine Tatsache, wenn auch nur unbewußt, weiß, einstellt. Damit allein kommt
sie aber nicht aus, sie muß als weitere Wesenheit ein überpersönliches Weltbewußtsein
(conscience universelle, wie der Franzose Osty es nennt) annehmen,
in welchem die Lebenspläne aller Menschen aufgezeichnet sind. Und zu diesem
allgemeinen Bewußtsein hat nun der Metagnom Zutritt, hat, wie Hartmann es
ausdrückte, den Telephonanschluß ans Unendliche, um aus ihm herauszulesen,
was in der Vergangenheit passierte und keinem Lebenden mehr bekannt ist, oder
was in der Zukunft geschehen wird. Denn die Tatsache der Prophetie sei überaus
wahrscheinlich.

Die spiritistische Hypothese führt im Gegensatz zur animistischen die Existenz
der - leibfreien Seele als besonderes „Ens" ein und als weiteres „Ens", entsprechend
dem animistischen Seelenraum, die Möglichkeit des seelischen Kontaktes
zwischen dieser leibfreien Seele und dem Medium. Auf die Annahme der
conscience universelle könnte sie verzichten, auch auf die, daß der Metagnom
an diese Anschluß gewönne. Dafür müsse aber auch sie eine dritte besondere
Wesenheit einführen, nämlich die Tatsache der Prophetie, so daß also beide
Hypothesen jedenfalls mit einer gleichen Anzahl neuer „Entia" arbeiteten, die
aus der Necessitas heraus geschaffen wären.

Dabei dürfe man nicht verkennen, daß die Annahme des Universalbewußtseins
eine überaus kühne wäre und daß es sehr auffaltend wäre, wenn die Medien
aus diesem Bewußtsein immer nur geraide das herausläsen, was zum Wissensbestand
eines Verstorbenen gehörte. Diese Tatsache, welche besonders durch
die Veröffentlichungen der englischen urtd amerikanischen Gesellschaft für parapsychische
Forschung festgestellt wäre und als selektive Personifikation bezeichnet
werden könnte, spräche eigentlich mehr für die spiritistische Hypothese.

Professor Driesch würde den anrüchigen Ausdruck „Spiritismus" lieber durch
die Bezeichnung „Monadismus" erset7t sehen. Doch glaubt Referent nicht, daß
sich dieser Ausdruck wird einbürgern können, weil der Spiritualismus in den
Ländern englischer Zunge schon gut organisiert ist und darum eine Namensänderung
höchstens in Spiritualismus möglich scheint. Auch wird, bei Anerken-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0176