http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0246
212
Man stelle sich vor, daß in dem ersterwähnten Falle (Mordversuch)
mehrere Personen im Verdachte der Täterschaft stünden, und daß man dem
m
Medium von jedem der Verdächligen etwas Geschriebenes vorlegt. Bei der
Schrift des einen macht jenes die oben ersichtliche Aeußerung: ,,Ich sehe
etwas Entsetzliches.....ist das ein Mordversuch?"
Selbstverständlich könnte eine solche mediale Bekundung niemals für eine
Verurteilung genügen, doch könnte das Gericht durch sie gegebene Spuren
(in dem als dritter angegebenen Falle z. B. die Fahrt nach B.) verfolgen und
dadurch zumindest Zeit sparen. Bewährt sich die Spur nicht — auch ich habe
schon ganz bedeutende Fehlschläge bei Medien erlebt —, dann ist die auf ihre
Verfolgung verwendete Zeit und Mühe jedenfalls nicht schlechter angewendet,
als bei gänzlich haltlosem Raten und Tasten.
Daß über der Verfolgung einer Spur bzw eines Verdachtes kein einziger
von gleichzeitig bestehenden anderen vernachlässigt werden darf, ist eine
uralte Kriminalistenregel, auf di*» bekanntlich auch Hans Groß nachdrücklich
aufmerksam macht. Erlebt man es doch immer wieder, daß Schlüsse, die
Staatsanwalt und Untersuchungsrichter für unanfechtbar hielten, im letzten
Augenblick zusammenbrechen, und mittlerweile alle Spuren des wirklichen
Täters vcr>chvvunden sind.
Berichte über Spontanphänomene.
Eine Spukgeschichte aus alter Zeit.1)
Von Hans II ä n i g.
In ?sr. 10 und n des 4- Jahrganges der Mitteldeutschen Blätter für Volkskunde
findet sich ein Bericht von Jon. iluff über Spukvorgänge in eim*r
Pfarre in Schkeitbar (Kirchdorf eine Stunde westlich von Lützen) der ver-
dienl, der Vergessenheit entrissen und in einen größeren Zusammenhang gestellt
zu werden, als es im llahmen dieser Blätter möglich isl. Die Vorgänge, die
sich um 1739 abgespielt haben, waren derarl. daß sie in ganz Deutschland
4 *) Dem Bericht von J. Ruff liegt außer der erwähnten handschriftlichen Mitteilung
, die ihm von einem Bauern gebracht wurde, eine Niederschrift zugrunde,
die sich im Besitze einer Frau M. in Schkeitbar befindet, und die ebenfalls eine
alte Abschrift jener Aufzeichnungen des Pfarrers H.darstellen soll, welche leider
verlorengegangen sind; beide Mitteilungen stimmen miteinander überein. Wie
der jetzige Pfarrer in S. mitteilte, ist dort die Spukgeschichte noch heute bekannt,
sogar das Zimmer ist noch erhalten, durch dessen Decke der in dem Bericht erwähnte
Stein gefallen sein soll, wie denn die eine Kammer in diesem Hause noch
heute als Spukkammer berüchtigt ist. Auch sonst fehlen Hinweise darauf bei
Zeitgenossen nicht, wie z.B. L. Dietmann in seinem Buche: Die Priesterschaft
(1755) über P. Heydrich schreibt: „Erinnere ich mich recht, so hat dieser Prediger
wegen einiger Vorfallenheiten viel Unbequemliches und Verdrießliches erdulden
müssen." (Mitteilung der Archivverwaltung des Dornkapitels zu Merseburg
.) Der Fall ist also, wenn vielleicht auch manches infolge der Einstellung
des Geistlichen einseitig gesehen ist, durchaus beglaubigt, und gehört zu den
bemerkenswertesten Vorgängen, die auf dem Gebiete der Spukerscheinungen
bekanntgeworden sind.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0246