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Lucerna: Meine okkulten Erlebnisse. 229
erlangt zu haben. Sie war dem Selbstmord seit Jahren oft nahe gewesen. Ich
wußte davon. Zu jenem Zeitpunkt aber schien nichts zu befürchten, denn sie
hatte ihr Kommen zu mir nach Z. für den 17. Dezember angekündigt. Leider
waren damals auch meine Gedanken nach anderen Seiten hin abgelenkt.
In der Nachl vom 12. auf den i3. Dezember aber sah ich mich mit E.B.
im Traum auf einem Friedhof, in dessen nächster Nähe sie früher gewohnt
hatte. "Vor uns schritt der Schatten eines Arztes, dessen Name mit einer, durch
mich veranlaßten. Selbstmorddrohung E. Bs. verknüpft war. Dann sank E.
liegend, links hinter mir mit einem deutlich hörbaren Wehlaut in
ein geöffnetes Grab. Damit verbunden — klingend? geschaut? gedacht? —
ich weiß das nicht mehr anzugeben, die Worte: „Karanfil sa pjesnikova groba"
(Die Nelke von eines Dichters Grab), Titel einer Novelle von A. Senoa.
Am i5. erst kam ein Telegramm, das uns nach W. an E.Bs. Sterbebett
rief. Man hatte gehofft, sie zu retten. Noch atmete sie. Als ich am 16. abends,
nach ihrem Tode, mit einem ihrer edelsten Freunde und Förderer, Hof rat
Th. \. ß., sprach, fand ich Seaton Watsons Buch über die südslawische Frage
bei ihm. Mein \uge fiel auf eine -von ihm bezeichnete Stelle. Es war der Titel:
Karanfil sa pjesnikova groba.
Eine junge Dichterin, P. >. P., schrieb mir später, sie habe, ..zwei Tage",
ehe ihr die Zeitungsnachricht vom Selbstmordversuch der ihr persönlich unbekannten
, doch räumlich nahen Schauspielerin vor Vugen kam, „mit einer
seltenen Lebhaftigkeit und Deutliehkeil" von dieser geträumt. „Sie war in
meinem Traum fröhlich, sprach \on Ihnen und spielte mir auf nieine Bitte
eine ganz kurze Szene vor." „Es war alles so deutlich und körperlich, wie
ich sonst fast nie träume."
Bekannte.
Die Fälle, wo man scheinbar unvermittelt an jemanden oder etwas denkt
und „er biegt um die Ecke", oder „es wird uns ins Haus gebracht", sind so
zahlreich, daß ein kleiner Bruchteil solch auffälliger Zusammentreffen, die
außer der Linie der Wahrscheinlichkeit liegen, wohl auf Fernw ahrnehmung
oder Fernwirkung gesetzt werden darf. Ein dumpfes Begleitgefühl, das bloßen
Kombinationen im Wachen und Träumen fehlt, ist dabei in Betracht zu ziehen.
Ein derartiges Zusammentreffen nicht alltäglicher \rt aus det.i Herbst
des Jahres 1896 sei hier erwähnt. In Deutschland war ein Justizbeamler
höheren Ranges ei mordet worden. Eine Zeitung brachte ausführliche Berichte
darüber. Ich habe noch heute, nach mehr als 3o Jahren, das Zimmer und die
Stellung meiner Person darin im Gedächtnis, in der ich mir anläßlich dieses
Falles lebhaft vorzustellen begann, wie es dem, der getötet wird — und wie
es unsereinem zumute sein müsse, wenn einmal ein Nahestehender,
ein Bekannter, das Opfer solch eines Verbrechens würde.
Ein Zufall fügte es. daß ich am selben Vormittage veranlaßt wurde, Besuchern
die Wesensart einer ihnen völlig Fremden zu schildern, die im Ausland
studierte (und mir vor Jahren vieles Bedenkliche anvertraut hatte, mit
der ich jedoch schon lange nicht mehr in Berührung war). Während ich. von
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