http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0264
230
Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1931.)
ihr sprechend, sie mir vergegenwärtigte, lag aber in meinem Postkästchen
bereits ein Brief, in dem ausführlich über den furchtbaren Tod einer mir gut
bekannten jungen Frau berichtet wurde, den eben jene Studentin, ihre Rivalin,
auf raffinierteste Weise veranlaßt hatte.
Am 29. März 1902 (dem Todestag meines Vaters), einem Samstag, in K.
abends und nachts Bangigkeitsgefühle. Tier Tage später in Z. erste Frage
meines Direktors Dr. I. IL: „Was ist mit Ihnen vorgegangen? Ich habe in
der Nacht von Samstag auf Sonntag fortwährend von Ihnen geträumt. Sie
waren am Ertrinken, wir hatten das Geiühl, wir müßten Sie retten."
Im Jahre 1920 (?) schlief ich in Z. in einem Zimmer neben dem meiner
Freundin J.T., die, wie ihr durch die geschlossene Tür hörbares Stöhnen verriet
, zu»eilen Angstträume halte. Ich pflegte sie, wenn erweckt, nur dann
wachzurufen, wenn sie sich nichl gleich zu beruhigen schien. So rief ich sie
auch in dei Nachl vom 5. auf den 6. Februar nicht wach, geriet aber »dieses
eine Mal über ihre Angstlaute selbst in Erregung. Tch dachte nichl nur, einen
ihrer xYng«'hörigen könne ein Unglück betroffen haben, ich meinte auch etwas
wie eine fremde Gegenwarl, ein Unhörbares, Unsichtbares von Tür zu Tür
streifen zu fühlen.
In Erinnerung an das Jugenderlebnis, mit dem ich diese Aufzeichnungen
schließe und aus Ruhebedürfnis, ersuchte ich jenes stumme Unwesen ohne
sonderliche Bangigkeit sogar förmlich um Schonung: .,Ich verstehe ja doch
nichl was ihr wollt! Ich kann euch ja doch nicht helfen!'4
3.T. hatte sich, wie sie mir am Morgen sagte, im Traum, wie schon oft,
gegen Mörderhände gewehrt. Von meiner Beängstigung teilte ich ihr nichts mit.
Ein paar Tage darauf erfuhren wir. die zarlsinnige, bescheidene, schwermütige
Dichterin M.P.II., die betreffs "Veröffentlichung ihres literarischen
Nachlasses im Laufe des letzten Jahres wiederholt bei uns Rai gesucht und
durch mich enlmutigt worden war. habe sich in jener Nacht in 0. das Leben
genommen. In ihrer letzten Willensäußerung war ungeachtet der abweisenden
Erklärung, die ich ihr seinerzeit gegeben, mein Nanu» unter jenen
genannt, die sich um das Schicksal ihrer Manuskript«- /u kümmern hätten!
II e r 1 und II u n d.
^ln einer Julinacht des Jahres 1889 stieß meinem Vater, auf dei Rückkehr
von einer dienstlich unternommenen Fahrt, einige Stunden von W. ein ihn
psychisch aufs höchste erregender Unfall zu. Ungewohnter Umstände halber in
abnormer Verfassung, glauble er sich von Räubern überfallen und sprang aus
dem Wagen, wobei er sich verletzte. Lm die Stunde, in der dies geschah,
fuhr in W. sein Jagdhund plötzlich empor, stürzte auf den Balkon unserer
Wohnung und sein wütendes*, nach der Gegend gerichtetes Gebell, aus der sein
Herr kommen mußte, war lange nicht zu beruhigen.
Kind und M u 11 e r.
Als meine Mutter am i.l. Vugust 1916 im Bade W. N. starb, war ich
bei ihr. Es ist ein holder poetischer Zufall, daß sie, die Marie hieß und
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0264