http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0266
232
Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1931.)
meiner toten Freundin, trat ein. Nichts wissend von der Bedeutung des Tages,
brachte sie mir das leuchtend farbenschöne, das liebe, leere, verlorene Netz
zurück.
War das kein Gruß — es wirkte wie ein Gruß.
Großvater und Enkelin.
Mit meinem Großvater war ich aufs innigste verbunden gewesen. Urgesunden
, urkräftigen Bluts und Gemüts, von hinreißender Herzenswärme und
groteskem Humor, der sich, wie die Entladungen tiefer Tragik, am stärksten,
in den echt Beethovenschen Rhythmen seines Klavierspiels, seiner Tondichtungen
kündgab, ist er der stärkste und liebreichste Freund meines Lebens
gewesen. Als er am 8. August mit 86 Jahren in K. nach kurzer Krankheit
starb, war ich, damals sechzehnjährig, an seiner Pflege beteiligt, hatte das
letzte, Bewußtsein verratende Liebeszeichen \on ihm empfangen.
Mir war späterhin nie wohl im Sterbezimmer, neben den« der „Salon"'
lag, worin man ihn aufgebahrt hatte. Oft sah ich mich abends, wenn ich
allein war, um, besonders, wenn ich die Tür zu diesem Räume im Rücken hatte.
Es war keine ausgesprochene Gespensterfurcht, mehr eine Scheu vor den
großen, dunklen, von allzu lebhaften Erinnerungen imprägnierten Räumen.
Ueber Spiritismus hatte ich nichts gehört. Ich dachte darüber nicht nach, ob
Großpapas „Seele" noch lebe. Er selbst war tief religiös gewesen. Meine
Aufklärungszeit hatte noch nicht begonnen.
CS)
u> 7-.
vi j
Großmutters
Bett
Sterbebett
4 ■ mmmmmmmmm——mmmm ■
Fenster
unverhüllt
Im Winter des Jahres, der seinem Verluste folgte, schlief ich, wie sonst
als Kind, auf einem großen Schlafdiwan, der inmitten des Sterbezimmers
in dessen Längsaxe btand, von drei Seiten umpolstert und von Großmutters
Bett durch einen Fisch und eine spanische Wand getrennt war. Hinter dem
Kopfende meines Lagers befand sich jene Tür. die ich abends „nicht gern im
Rücken hatte".
Eines Morgens erwachte ich. Es mochte gegen acht Uhr sein, denn es
war schon so hell, daß man alle Gegenstände im grauen Dämmerlicht deutlich
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0266