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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1931.)

Die arg zerstückelte Kette brachten wir wieder zu unserem Juwelier. Der
alte Herr schüttelte den Kopf: „Wie ist das möglich gewesen? Der Kostbarkeit
wegen" — sagte er — „habe ich neulich selbst die Schnur nachgeprüft. Nur
rohe Gewalt konnte sie zerreißen. Oder" — hier stockte er -— dann fuhr er nach
einigem Sinnen fort und sah Ellinor halb staunend, halb zweifelnd an — „ich
denke da an einen seltsamen Fall aus einer alten Chronik . . Sollten Frau
Gräfin vielleicht zu den Menschen gehören, die alle tausend Jahre nur einmal
geboren werden, an denen die Perlen sich knoten . . .?"

Die Perlenkette knotete sich seitdem nicht mehr —- sonderbar. Lag es an
der Schnur oder hatte der Juwelier vielleicht doch recht gehabt? Es schien wohl
so, denn von nun an blieben die Perlen unangerührt in der Truhe, von meiner
Schwester ängstlich gemieden, und jedesmal, wenn ich sie wieder besuchte,
waren die Perlen um einen Schein matter, farbloser geworden — kaum merklich
— nur dem Kennerauge sichtbar — als wenn sie wieder kränkeln würden...

Vorausleben im Traum!

Von Dr. med. Hans Brümmer, Ochsenfurt bei Würzburg.

Am 21. November 1927 abends trat der Kleinlandwirt J. H. von F. wegen
einer schweren Verletzung der linken Hand in meine Behandlung. In inständiger
Chloroform-Aethernarkose wurde eine plastische Operation vorgenommen
. J. H. war dann noch zirka 8 Wochen erwerbsunfähig und zjrka 1 Jahr
erwerbsbeschränkt.

8 Tage zuvor hatte J. H. folgendes Traumerlebnis:

Er befand sich in meinem Sprechzimmer, wurde auf einen Tisch gelegt,
auf dem er später wirklich operiert wurde, und sah, wie ihm von mir ein rotes
Tuch vor Mund und Nase gehalten wurde.

Beim Erwachen hatte J. H. damals seinen Angehörigen den Traum erzählt.
Als er dann 8 Tage spater bei mir noch in Narkose lag, erzählte dessen zirka
25 jährige Tochter, die ihren Vater begleitet hatte, mir das Traumerlebnis.
Daraufhin habe ich den Patienten in der Folgezeit wie dessen Angehörige wiederholt
befragt; und zwar ganz vorsichtig, damit den einfachen Leuten nichts
suggeriert würde. Das Resultat meines Fragens war folgendes: Der Traum ist
so erlebt worden, wie ich denselben eben darlegte.

Charakteristisch ist hier wie bei allen Wanrträumen, daß das zukünftige
Geschehen im Traum erlebt, nicht etwa vorher gesehen oder vorher gewußt
wird.

Daher rührt auch folgende Erscheinung, die ich bei vielen Menschen und
auch bei mir selbst schon beobachtet habe, und die darinnen besteht, daß in
gewissen Situationen die Erinnerung aufdämmert, als hätte man dies alles schon
einmal erlebt.

Im vorliegenden Fall scheint Wirklichkeit und Traum in einem erheblichen
Punkt nicht überein zu stimmen. Im Traum wurde dem J. H. ein roter Stoff
vor Mund und Nase gehalten, während in Wirklichkeit die benützte Narkosemaske
mit weißem Mull bespannt war. Allein es liegt die Deutung sehr nahe,
daß im Traum oder in der Erinnerung an den Traum die Tatsache des in der
Operation vergossenen Blutes mit der Tatsache der vorgehaltenen Narkosemaske
zusammen gesehen oder zusammen erinnert wird. Im vorliegenden Erlebnis
sind zwei Dinge, die seelisch den Menschen tief bewegen: 1. Das rote eigene
Blut; 2. die Narkose am eigenen Körper mittels einer weißen Chloroformmaske
. Beides ist hier zusammengeflossen in dem Erlebnis des roten Tuches,
das vor den Mund gehalten wird.

Man hat auch folgende Deutung gegeben: Ebenso wie in die Ferne des
Raumes sehend, kann man beim Blick in die Ferne der Zeit nicht immer genau
die Distanz der Dinge unterscheiden. Auf dieses Zusammensehen von Dingen
bei jeglicher Art von Prophetie wird immer hingewiesen.

Der Wahrtrauim wird ja dem rationalen Denken wohl immer unverständlich
bleiben, sofern die Ratio letzte Instanz bleibt. Die Tatsache des Wahrtraumes
ist in hundertfältigen Beispielen belegt. Der Mensch ist also seiner Natur nach
befähigt, unter gewissen Umständen und bis zu einem gewissen Grad das
kommende Geschehen schon voraus zu wissen, deutlicher ausgedrückt zu erfahren
. Das kommende Geschehen kann aber kein blindes, regelloses, mechani-


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