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Kleine Mitteilungen.
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sches Nacheinander s ein, sondern es muß gewußt und erlebt sein genau so, wie
uns unsere nächste Gegenwart Erlebnis ist. Bei der Prophetie schöpft der
Mensch mittelbar oder unmittelbar aus einem Bewußtsein, das allumfassend enthält
, was uns Zukunft und Vergangenheit scheint. Denn nach Kant ist ja
Raum und Zeit nur die Form unserer Anschauung. Ich will genauer ausführen.
Unser seelisches Erlebnis wird wohl immer mehr oder minder durch diese Form
gebunden sein. Es muß also ein absoluter, allesumfassender Bewußtseinsinhalt
existieren, für den es keine relativen Formen wie Raum und Zeit gibt.
Durch den Traum, durch einen Trancezustand, durch Zustände wie sie
erblich beim zweiten Gesicht auftreten oder durch andersartig gesetzte Bedingungen
— narkotische Zustände durch Einatmen von Dämpfen wie bei der delphischen
Pythia —, wird der Mensch in den Stand versetzt, Wissen um die Zukunft
aufzunehmen. Entscheidend für das Zustandekommen ist freilich nicht allein
das menschliche Wollen. Das Wissen um die Zukunft drängt sich oft wider den
Willen des Menschen auf, und das Erleben der Prophetie wirkt auf das Gemüt
oft wie das Grauen vieler okkulter Dinge. Es ist daher die spiritistische Hypothese
bei der Erklärung der Prophetie ganz besonders zu berücksichtigen,
wenn gleich auch dem Menschen die Fähigkeit zugesprochen werden muß, daß
er bei bestimmter, seelischer Verfassung die nächste Zukunft schauen kann.
Psychometrische Disposition.
Von Dr. med. Freudenberg.
Zur Psychometriefrage möchte ich nachstehend auf Grund eigener Erfahrung
auf die außerordentlich große Bedeutung der Persönlichkeit des Psychometers
hinweisen. Das wurde mir besonders deutlich, als ich Gelegenheit hatte, zwei in
ihrem Verhalten grundve»schiedene Medien zu beobachten.
Hier muß ich zunächst von Vout -Peters sprechen, dessen Sit/ungen sich ganz
typisch abspielen, wie ich solche in verschiedenen Jahren zu besuchen Gelegenheit
hatte. Sobald V.-P. an den Tisch herangetreten war, auf welchem die von Anwesenden
zur psychometrischen Analyse eingereichten Gegenstände lagen und
er einen von diesen ergriff, richtete er an den betreffenden Einreicher die Frage:
Lebend oder tot? D. h. lebt der Besitzer des vorliegenden Gegenstandes noch oder
ist er schon gestorben? Ueber die von V.-P. alsdann einsetzende Behandlung
des Gegenstandes zu reden, ist hier nicht der Ort; es genügt zu sagen, daß er
jetzt eine eingehende Schilderung der Persönlichkeit gibt, welche das Objekt
besaß oder besitzt, und /war sowohl von deren äußerer Erscheinung als auch
ihrer intellektuellen und moralischen Beschaffenheit. Indem er erst tastend, dann
aber immer deutlicher ein Bild von der betreffenden Person, ihrer Wirksamkeit
und ihrer Erlebnisse vor sich erstehen* läßt, gelangt er dann allmählich auch /u
einer Schilderung der Umwelt des Betreffenden, nicht nur ihm nahe stehender
Personen, sondern auch der ihn umgebenden belebten und unbelebten Natur, von
Hund, Haus, Garten, landwirtschaftlicher Umgebung u. dgl. Alles Dinge, von
denen eine Beeindruckung der betreffenden Persönlichkeit ausgegangen ist, auf
die sich das ganze Interesse des Psychometer**» in dem jeweiligen Fall konzentriert.
Hier dient das psychometrische Objekt augenscheinlich nur da/u, ihm ein
genaues Bild von der Person /u verschaffen, die mit dem Gegenstand wirksam
verknüpft ist, und das Geschaute auch nach außen kund/ugeben.
Wenn man solchen Sitzungen beiwohnt, die, wie gesagt, Fall für Fill in
ähnlicher Weise sich abspielen, spürt man deutlich, wie an dem Zustandekommen
der Analyse drei verschiedene* Personen beteiligt sind: der Psychometer, der
Einreicher und die psychometrisch erfaßte Persönlichkeit. Dem Psychometer
kommt es darauf an, die letztere so deutlich zu schildern, daß sie für den Einreicher
kenntlich wird, und daß sich so seine psychometrische Begabung wieder
bestätigt. Der Einreicher aber, sobald er die geschilderte Person erkannt hat,
kann nicht genug über diese zu hören bekommen, und das offenbare Interesse,
mit dem er die immer detaillierter werdenden Angaben des Psychometers verfolgt
und bestätigt, legt dem unbefangenen Beobachter den Gedanken nahe,
es möchte bei weiteren Mitteilungen eine telepathische Beeinflussung des Mediums
nicht ausgeschlossen sein. Daß dies aber nicht durchgehend der Fall ist,
erhellt aus der Tatsache, daß die Angaben des Psychometers für den Einreicher
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