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266 Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1931.)
(dabei sind die Leute so unerfahren, daß der Mann, erschrocken vom Zustand
seiner Frau, sie- mit Schlägen ins Gesicht zu wecken suchte); 5. vielleicht
Materialisationen (sie sieht hier und da flüchtige, weiße, nebelhafte
Massen, sie denkt, es wäre das Gespenst eines Hundes, eines Bären und erschrickt
heftig). Sie schildert sich als 2ojährige, körperlich gesunde und gut
aussehende Frau, aber von Nervosität geplagt.
Ich beruhigte sie bereits brieflich und gab ihr einige Winke (nicht erschrecken
, Protokoll führen, die automatische Schrift gewähren lassen, ein©
vertrauenswürdige Persönlichkeit im Orte heranzuziehen usw.). Sie ist spiritistisch
eingestellt, sie glaubt, daß sich ihr verstorbener Vater
kundgibt.
Da hier leider noch keine metapsychische Gesellschaft existiert (ich suche
eben eine zusammenzubringen), so denke ich mir, es wäre am besten, mich
an Wien oder Prag zu wenden. Ich bitte mir nun gütigst mitteilen zu wollen,
ob Sie, sehr geehrter Herr Doktor, dies billigen und bitte in diesem Falle mir
mitzuteilen, an wen ich mich in Wien oder Prag zu wenden habe.
Mit besonderer Hochachtung
Prof. Hugo Szanto.
Bratislava-Preßburg, 19. 11. 1928.
Sehr geehrter Herr Doktor!
Nun muß ich Ihnen weiter über das Medium berichten, über welches ich
bereits berichtete. Ich befolgte Ihren Rat und reiste dorthin, obzwar dies
kein geringes Opfer war, denn es hieß if> Stunden Bummelfahrt in zwei
Tagen. (Vorher mußte ich aber brieflich Widerstände überwinden. Sie ist
nämlich Gefühlsspiritistin, er Gefühlsmaterialist. In meinem ersten Briefe
ging ich auf ihre spiritistische Auffassung ein, womit ich seinen Widerwillen
herausforderte.) Leider erfolgten in meiner Gegenwart keine Phänomene,
welche ich mit absoluter Sicherheil als paranormal zu bezeichnen wagte:
einige Klopf töne, ein gelblich grüner Lichtblitz während einer eilig vorgenommenen
Dunkelsitzung (der Mann behauptet, diesen Lichtblitz über dem Medium
nicht gesehen zu haben, da er eben damals zur Erde blickte) und eine Trancerede
ist die ganze Ausbeute. Aber ich lernte in den beiden höchst achtbare)
Menschen edler Denkart kennen und ich wage es, ihren Mitteilungen absoluten
Glauben zu schenken. Wenn ich also von dem Mangel eines persönlich
beobachteten physikalischen Vorganges absehe, so muß ich doch sagen, daß
der ganze Fall psychologisch höchst interessant ist. Es handelt sich nämlidh,
wie es mir scheint, um eine eben entstehende, noch nicht
fixierte oder herauskristallisierte Mediumität, welche
sich noch zu spontan, nur unter dem Einfluß heftiger
Gemütsbewegungen physisch kundgibt. Das junge Ehepaar
durchlebt nämlich eben jetzt eine kritische Periode. Die Krise droht ihre
materielle Existenz zu untergraben. Dazu tritt ein zweiter Umstand: sie ist
sexuell ganz frigid und dieser Umstand vergiftet ihre
Ehe, obzwar, oder gerade deshalb, weil sie sich innig lieben. Die einzelnen
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