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Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1931.)
Fassen wir nun zum Schluß noch einmal die Gedanken, die dieser Fall
anregt, zusammen, so muß allerdings von vornherein betont werden, daß er
nicht die Ausbeute auf parapsyehologischem Gebiet gebracht hat, wie die durch
den ersten Brief von Professor Szanto erfolgten Mitteilungen erwarten ließen.
Gleichwohl bin ich mit dem Genannten der Meinung, diese Veröffentlichung
nach nunmehrigem Abschluß des Falles und nach unserer gemeinsamen mehr
als 21/2jährigen Beobachtung nicht länger zurückhalten zu sollen. Passen doch
diese Erfahrungen besonders gut in das unseren Lesern nicht fremde und
von zahlreichen Autoren bereits erkannte Gebiet des Zusammenhanges zwischen
Hysterie und Mediumismus.
Ist also diese Frage auch nicht neu, so dient doch jeder Fall, namentlich
wenn er wie der vorliegende noch einige auffallende Charakteristika aufweist,
zur Erweiterung unserer Anschauungen auf diesem heiklen Gebiete. Zur Frage
des Ursprungs der Frigidität und der sexuellen Gefühlskälte ist hier vielleicht
eine Bemerkung Freuds am Platze, die wir in ..Drei Abhandlungen zur
Sexualtheorie, S. 102", finden. Es heißt dort:
„Es gibt Personen, welche die Autorität der Eltern nie überwinden und
ihre Zärtlichkeit von denselben nicht oder nur sehr unvollständig zurückgezogen
haben. Es sind zumeist Mädchen, die so zur Freude der Eltern weit
über die Pubertät hinaus bei der vollen Kinderliebe verbleiben, und wird es
dann sehr lehrreich zu finden, daß es diesen Mädchen in ihrer späteren Ehe
an dem Vermögen gebricht, ihren Männern das Gebührende zu schenken. Sie
werden kühle Ehefrauen und bleiben se/uell anästhetisch.
Mc»n lern! daraus, daß die anscheinend nicht sexuelle Liebe zu den Eltern und
die geschlechtliche Liebe aus denselben Quellen gespeist werden, das heißt,
daß die ersfere nur einer infantilen Fixierung der Libido entspricht/'
Bekannt ist auch, daß Schrenck-IS otzing wiederholt diese Zusammenhänge
studiert hat. und bei drei bekannten ps\chophy«isch fernwirkenden
Medien urteilt er w*e foJgt:
,,E \ a G.: ,,wenn schon die sexuelle Vnäslhesie sowie die Sehslörungen Andeutungen
im Sinne einer hysterischen Disposition bieten, so läßt
der psychische Status über das Vorhandensein einer solchen Anlage keinen
Zweifel mehr" (Materialisaliuns-Phänomene, l. Band, S. 53—55.) — Willy
Schneider: „... wenn er auch wohl im ganzen als eine normale Persönlichkeit
angesehen werden kann, so ist doch ... eine bestimmte hysterische An-
la^e seines Charakters nicht zu verkennen." (Materialisations-PLänomene,
JL Band, S, 5^0—55i.) — Emma Lindroos: ,,. .. Man könnte hier an unbewußte
Antriebe in der hysterischen Psyche denken." (Der Spuk von
Ylöjärvin, Finnland, im April-Heft 1919 ,.Psychische Studien".)
Diesen Fragen — mediumistische Vorgänge bei Hysterikern 'Stigmatisierten
) und hysterische Züge bei psvchophvsischen Medien — ist besonders auch
unser bekannter Mitarbeiter Dr. Jos. Böhm nachgegangen, auf dessen ausgezeichnete
Abhandlung: „Geheimnisse aus Natur und Seele im Falle Konnersreuth
", November-Heft 1927, in diesem Zusammenhang besonders verwiesen sei.
Böhm bringt dort auf S. 607 einen Hinweis auf die Untersuchung eines Spuk-
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