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Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1931.)
enthalten. Nachdem dieses Gebet einige Minuten gedauert hat, fährt es wie
ein elektrischer Schlag durch den Körper des Mediums, das dann in eintönigem
Tone jedoch mit seiner gewöhnlichen Stimme und in dem von ihm gesprochenen
Malaiisch, an die Anwesenden die folgenden Fragen stellt.
Wen rufen Sie auf?
Ist es ein Mann oder eine Frau?
Wer ruft auf? (Gefragt wird nach dem Namen des Aufrufers und nach
seiner verwandtschaftlichen Beziehung.)
Wo und vor wie langer Zeit ist der Aufzurufende gestorben?
Das Medium führt darauf mit der rechten Hand schreibende Bewegungen
(scheinbar in lateinischen Schriftzügen) über den Tisch hin aus. Darnach
scheint das Medium abermals in Trance zu kommen, der einige Minuten anhält
. Darauf folgt wiederholt der Bericht (wieder in der gewöhnlichen Stimme
und Ausdrucksweise des Mediums), daß der Tote nicht kommen könne oder
wolle, daß er beschäftigt oder mit jemand anderem in Gespräche sei, oder daß
er sich nur von der Mutter, dem Sohne, der Ehefrau usw. aufrufen lassen
wolle. Das Experiment ist damit abgeschlossen und nicht geglückt.
Wiederholt zeigte sich das Medium schon orientiert über verschiedene Umstände
aus dem Leben der Verstorbenen, besonders über die Anzahl der Kinder.
Einer der holländischen Herren wagte, nach vorhergegangener Zustimmung
des Mediums, den Versuch, seine in Holland geborene und vor etwa einem
Jahre in Amsterdam \erstorbene Mutter aufzurufen. Der Trance des Mediums
dauerte etwa 20 Minuten und war sehr unruhig. Das Medium erhob sich auf
seinem Stuhle, ohne im übrigen seine Lage zu verändern, und fiel wieder schwer
auf denselben zurück. Es trommelte wie im Krämpfe mit den Fäusten auf
den Tisch, man sah deutlich wie der Schweiß über das Gesicht perlte. Zum
Schluß wurden die Erregung so stark, daß das Medium sein Gleichgewicht verlor
und vom Stuhle gefallen wäre, wenn nicht einer von uns ihm beigesprun-
gen wäre. Dabei wurde wahrgenommen, daß die Muskeln des Oberarmes wie
in einem Krämpfe erstarrt waren. Das Erwachen aus dem Trance dauerte
auch viel länger als gewöhnlich, und es dauerte lange, bis das Medium die
Umsitzenden unterscheiden und auf Fragen antworten konnte.
Das Erwachen dauert übrigens stets einige Minuten, und man hat den
Eindruck, als ob das Medium aus einem tiefen Schlaf erwachte. To A Sam
senkst spricht von einem Brausen in den Ohren und behauptet, er sehe kurz
nach dem Erwachen die Anwesenden als große, weiße — wohl wegen der
weißen Tropenkleidung — Gestalten. — Der Versuch, eine in Ruropa \erstorbene
Person aufzurufen war also mißlungen.
Soweit >on negativen Versuchen. Bevor wir die Versuche mit positivem
Resultat besprechen, noch ein Wort über die Persönlichkeit der ,,Aufrufer".
Da, wie beroits erwähnt, das Medium nur bei Anwesenheit von Blutsverwandten
in Java gestorbene Personen aufrufen kann, mußten wir uns als „Aufrufar"
von Javanen und auf Java seßhaften Chinesen bedienen, die hier Familie haben.
Es waren dies meist kleine Beamte, Chauffeure, Ilausbediente. Die meisten
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