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Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1931.)
— um sie jeweils kurz bezeichnen zu können — die „Positivisten" (oder „Gläubigen
") nennen möchte, am ausführlichsten zusammenfaßt, beginne ich mit einer
kurzen Darstellung seiner Vorwürfe. Bradleys erste Klagen betreffen Herrn
Bestermanns (des jetzigen Bibliothekars der S. P. R. und Herausgebers ihres
Journals) Kritik der Versuche Bozzanos in Millesimo und namentlich seinen Bericht
über eine Reise auf dem Kontinent zwecks Untersuchung einiger bekannter
Medien. Bestermanns Bericht wurde in den Proceedings der S. P. R. veröffentlicht
(Bd. 38, S. 409—480) und stieß auf den erbitterten Widerstand Herrn
Röthys, dessen ungarische Medien Bestermann des Betrugs beschuldigte. Besonderen
Ingrimm erregte seine Verurteilung Frau Silberts; sie wurde von zahlreichen
Männern feurig verteidigt, worüber unsere Leser aus dem Aprilheft 1931
der Zeitschrift für Parapsychologie unterrichtet .sind. Auch Herrn Bestermanns
Buch „Some modern mediums", das gleichfalls * im Aprilheft der Zeitschrift für
Parapsychologie ausgiebig herangezogen wurde, sowie seine Reden in Athen
werden von Bradley als destruktiv abgelehnt und er macht die S. P. R.-Leitung
in ihrer Gesamtheit dafür verantwortlich, was zwar insofern nicht unbedingt richtig
ist, als auch die Ansichten der Ausschußmitglieder der S. P. R. weit auseinandergehen
; dennoch kann man es wohl nicht beanstanden, wenn Bradley
die Aeußerungen eines der wichtigsten Beamten der S. P. R. als typisch für
deren Haltung überhaupt ansieht. Eine andere Frage ist, ob die Angriffe auf
Herrn Bestermann als solche berechtigt sind; wir haben dies in .mserer rein
orientierenden Darstellung nicht zu untersuchen, wir wollen nur darauf hinweisen
, daß der Bericht Dr. Princes (des jetzigen Präsidenten der S. P. R.) über
Frau Silbert mit demjenigen Bestermanns übereinstimmt, ohne daß gegen ihn
ein ähnlicher Feldzug eröffnet worden wäre; daß man die Leistungen Herrn
Bestermanns auch anders beurteilen kann, "als es seitens seiner Gegner geschieht,
zeigen meine Besprechungen seines Reiseberichtes und seines Buches in der
Zeitschrift für Parapsychologie (1929, S. 737—739 und 1931, S.54).
Dieselbe feindliche Einstellung gegen viele parapsychologische Forscher und
ihre Medien wird von Bradley auch dem Grafen Perovsky-Petrovo-Solovovo
vorgeworfen, der in seinen regelmäßigen Referaten im Journal der S. P. R. über
eine Reihe kontinentaler Zeitschriften, darunter die Zeitschrift für Parapsychologie
und die „Zeitschrift für metapsychische Forschung" dieselben Maßstäbe anlegt,
wie Herr Bestermann, und deshalb mit Herrn Mattiesen und Professor Schröder
schon ernste Kämpfe auszufechten hatte (vgl. Zeitschrift für Parapsychologie 1929,
S. 549). Man kann verstehen, daß es die Positivisten erbittert, wenn immer wieder
von Dubitivisten (diese Bezeichnung für eine Reihe sehr vorsichtiger und skep-.
tischer Parapsychologen stammt von Schröder) Versuche, die erstere für höchst
überzeugend halten, abfällig kritisiert werden; diese Kritik mag noch so gemäßigt
sein — und sie war es nicht immer — sie muß verstimmen, weil dem
Positivisten implizite immer eine gewisse geistige Schwäche vorgeworfen wird,
wenn der Dubitivist Experimente, die der Positivist begeistert veröffentlicht,
als angeblich ungenügend belegt, abtut; ganz abgesehen davon, daß dabei meist
die xWedien der Positivisten des Betrugs beschuldigt werden. Dabei muß wieder
unerörtert bleiben, ob im allgemeinen die Dubitivisten, zu denen ich mich selbst
zähle, oder die Positivisten im Recht sind; sicher liegen hier kaum behebbare
Schwierigkeiten vor.
Offenbar wurde innerhalb der S. P. R. als Ausweg vorgeschlagen, Perovsky
solle seine Referate rein berichtend halten, ohne seine persönliche Ansicht zu
äußern; aber auch Sir Oliver Lodge, der auf einen solchen Vorschlag hinzuweisen
scheint und der vermutlich den Positivisten näher steht als den Dubitivisten
, meinte am 26. Februar 1931 in seiner Rede vor der Generalversammlung,
in der er den Vorsitz führte, man könne nicht erwarten, daß Graf Peiovsky, der
über 40 Jahre lang ein Mitglied der S. P. R., sowie ein vortrefflicher Sprachkenner
sei und der über große Erfahrung auf parapsychologischem Gebiet verfüge, seine
eigenen Meinungen über von ihm zu besprechende Artikel völlig unterdrücke.
Aehnliche Vorwürfe, wie sie Bradley gegen Bestermann, Perovsky und die
ganze S. P R. erhebt, wurden schon in den Anfangsjahren der Gesellschaft von
manchen Positivisten gegen deren Leitung vorgebracht; in dem Schreiben, in
welchem Stainton Moses seinen Austritt begründete (1886) heißt es z. B.: „Ich
bin der Ansicht, daß die S. P. R. die Beweise für physikalische Phänomene nicht
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