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Buchbesprechungen.
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Schwester Maria. Rcman von Jean Paar, Hermsdorf-Berlin. Verlag von
Oswald Mutze, Leipzig. 128 S. Geh. M. 3.—, geb. M. 4.50.
Der okkultistische Schriftsteller Jean Paar setzt sich in diesem Roman mit
dem Problem aller Religiösen auseinander, die Furchtbarkeiten des Weltkriegs
mit dem Begriff eines allgütigen und allweisen Gottes in Einklang zu bringen.
Die einfache Handlung sucht dieser Frage gerecht zu werden, um sich schließlich
zum Pazifismus zu bekennen, der gleichwohl mit warmer Liebe zum schwer-
gepiüften deutschen Vaterlande verbunden ist. Die Freunde Jean Paars werden
das Werk begrüßen.
Meine Lebenslinie. Von Erik Jan Hanussen. Universitas, Deutsche Verlagsgesellschaft
, Berlin. 1930. M. 4.—, geb. M. 6.—
Ich kenne den „Hellseher" Hanussen nicht, dem der Leitmeritzer Gerichtshof
in seinem Freispruch „rätselhafte Geisteskräfte" bestätigt hat; seitdem ich
seine „Lebenslinie geprüft" habe, gewann ich Einblicke in den Schriftsteller und
den Menschen. Dieses köstliche Buch kann ich jedem empfehlen, der noch am
Schicksal einer unverfälschten „Natur" im Goetheschen Sinne Freude empfinden
kann und dem mit Wilhelm Schäfer das Bedeutende, einfach gesagt, mehr
Genuß bereitet, als das Einfache, bedeutend aufgeputzt. Die Gil Blas sind auch
in unserer angeblich so nüchternen Zeit noch nicht ausgestorben, mit ihrem
köstlichen Hauch von Freiheit und Natürlichkeit, der auch den Leser von
Hanussens Buch erfrischt und entzückt. Dabei fehlt aber der Hauch der Tiefe
nicht, aus der ja wohl Hanussens merkwürdige Begabung stammt. Stirner härte
an diesem von allen Bindungen losgelösten „Einzigen" seine Freude gehabt. Und
was ist Menschsein im tiefsten Grunde anderes, als: frei werden, nur sich gehören,
mit einem Worte: ein „Einziger und sein Eigentum" sein? Dr. W. G. H.
Das Evangelion nach Markos, psychologisch dargestellt. Von F e r y Freiherr
von Edelsheim. Mit einem Anhang: Schallanalytische Auswertung
des Markus-Evangeliums von Prof. Dr. E. Sievers. Verlag Eduard
Pfeiffer, Leipzig. 1931. 114 S. M. 20.—.
Ein ausgezeichnetes Buch, das weiteste Verbreitung verdient. Vertraut mit
der historisch-theologischen Forschung, sich ihre Ergebnisse voll zunutze
machend, geht es doch andrerseits ganz selbständige Wege, indem es eine
psychologische Interpretation versucht, die lange Zeit aus der Mode war und ohne
die es nun einmal in dei geistesgeschichtlichen Forschung nicht geht, und auf
die auch trotz aller Verwahrungen gegen sie in Wahrheit doch nie wirklich verzichtet
worden ist. Aber freilich gibt es auch hier solche, die sie zu handhaben
verstehen, und andre, die es nicht können. Der Verfasser gehört zu den ersten.
Er hat sich vor allem auch die Errungenschaften der neueren Psychologie zueigen
gemacht, von der Psychoanalyse angefangen bis hin zur Parapsychologie. Und
gerade wegen der Berücksichtigung auch der letzten verdient er auch an dieser
Stelle genannt zu werden. Er ist nicht der erste, der Verbindungslinien zwischen
Jesus und dem Mediumismus gezogen hat. Aber so vorsichtig, taktvoll und einsichtig
hat es noch kein anderer getan. So erhalten wir ein Bild von Jesus, das
ich, soweit ich die Literatur übersehe, als das historisch wahrste ansehen möchte,
das mir bekannt ist. Freiherr von Edelsheim trägt nicht auf, er sucht mit Suggestion
, Autosuggestion und naturgesetzmäßigem, obschon extrem teleologischem
Geschehen auszukommen, soweit es eben gehen will, und es werden viele Wun- *
derberichte stark zusammengestrichen, aber auf der andern Seite sucht er zu erweisen
, daß Jesus nicht nur ein so nie wieder dagewesenes einzigartiges, nicht
restlos auflösbares, Verhältnis zu Gott gehabt hat, sondern daß er auch übernormale
Kräfte psychischer und psychophysischer Art besaß, in einem Maße,
daß er nicht völlig dem normalen psychophysischen Todesprozeß unterlegen ist.
Wie immer man sich zu den Einzelhypothesen des Verfassers stellen mag, sie sind
auch in parapsychologischer Hinsicht jedenfalls das Wichtigste, was bisher in
dieser Hinsicht versucht worden ist. (Ich werde an anderer Stelle auf das Jesus-
Problem näher eingehen.)
Nur eines habe ich in dem Buche, das nicht genug empfohlen werden kann
und dessen gelehrter Apparat nur dem Sachkenner angedeutet worden ist, so daß
kein Laie im reinen Genuß beeintiächtigt wird, vermißt: eine Stellungnahme zu
den neuen aufregenden Thesen Robert Eislers.
Oesterreich, Tübingen.
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