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Zeitschrift für Parapsychologie. 7. Heft. (Juli 1931.)
die Tafel mit der bewußten Schrift auf ein Vertikow im Schlafraume gelegt,
während sie mit dem Kinde an der Schwelle Aufstellung nahm. Dann sagten
beide auf einmal zu einander: „Jetzt hat es eben wieder den Stift weggelegt/4
Hierzu meinte das Kind: „Es wird wohl das J verbessert haben." Und siehe da:
es hatte das J verbessert. Aber auch so blieb noch eine unverkennbare Achnlich-
keit mit der kindlichen Handschrift.
Die Eltern ärgerten sich über den unauf klär baren Fall und löschten
schließlich in diesem Gefühle die Schrift aus. Zum Glück hatte der Pfarrer*
der die Tragweite der Sache, obwohl er sich sonst nicht mit Parapsychologie
beschäftigt hatte, erkannte, eine Pause der Schrift genommen und mir in
dankenswerter Weise wiederum zum Durchpausen überlassen. Ich gebe sie zusammen
mit der kindlichen Handschrift und einer Originalunterschrift der
Ida Gläser wieder, die mir nachträglich aufzutreiben und durchzupausen gelungen
ist. Völlige Analphabetin, wie es im Dorfe hieß., ist die Verstorbene}
also offenbar nicht gewesen. Die Handschrift der Ida Gläser sowohl wie die
verbesserte Tafelschrift weisen immerhin, obwohl sich solch primitive Handschriften
ähneln, gegenüber den kindlichen Niederschriften erkennbare Unterschiede
auf.
Im zweiten Falle konnte, wenn nicht überhaupt jemand die Zeugenschaft
der Mutter grundsätzlich ablehnen will (wozu hier keine Veranlassung vorliegt
), von einem selbständigen Schreiben des Kindes, auch in einem Tranoe-
zustande, nicht die Rede sein. Man muß daher, will man überhaupt an die
Erklärung des Tatbestandes herangehen, die Annahme machen, daß der fremde
geistige Einfluß unter Verschmelzung mit der kindlichen Psyche irgendwelche
Kräfte zum Zwecke des Schreibens aus dem Kinde heraufgeholt habe. Wie ich
auch schon in früheren Schriften darauf hingewiesen habe, daß es in der
Parapsychologie nicht immer ein „entweder-oder' gibt, sondern daß Fremdeinflüsse
mit dem Bewußtseinsinhalte unserer Medien verschmelzen. Die gemach
le Annahme ist nicht um ein Haar merkwürdiger, als die entsprechende,
die hier der Animist machen würde, daß sich aus dem Kinde unter dem unbewußten
Wunsche zu schreiben irgendwelche Kräfte selbständig „exteriori-
siert" haben. Zudem hätte ich für die spiritistische Hypothese der Verschmelzung
eine Stütze durch eine Beobachtung mit meinem früheren Apportmedium,
efes, wie ich seinerzeit bekanntgegeben habe, nicht nur selbst das Gefühl des
Ergriffenseins durch den Geist hatte, sondern in einem von mir nicht mitgeteilten
, weil nicht näher nachzuprüfenden Falle die Angabe machte, vom Geist
an den Ort der Entnahme des Apportgegenstandes mitgerissen worden zu sein.
Mehr läßt sich über das Zustandekommen der Phänomene im Augenblick noch
nicht sagen.
Sehr viel weiter, als die Schrift ergab, ist man auch durch die Befragung
der Intelligenz und deren durch Klopfen oder Kratzen kundgetanenen Antworten
nicht gekommen. Es wurde nur immer wieder bestätigt, daß es sich tatsächlich
um die verstorbene Ida Gläser, die als Vorbesitzerin ihr Leben in dem
Häuschen und dem Stübchen beschlossen hatte, handelte. Sie galt für beschränkt
, und groß ist ihre alphabetische Ausdrucksgewandtheit sicher schon zu
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