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Zeitschrift für Parapsycbologie. 7. Heft. (Juli 1931.)
als der Vogel Strauß in der Fabel, wenn er den Kopf in den Sand stockt und
damit die Umwelt ausschließen zu können glaubt. Wenn wir dagegen in zahlreichen
Füllen feststellen müssen, wie die aus dem irdischen Dasein Geschiedenen
noch geistig mit diesem verknüpft sind und erst noch einen Erdenrest
>on Wünschen, Begierden und Sorgen abzustreifen haben, so kommt die
wissenschaftliche Erkenntnis mit der Annahme diese«» allmählichen Loslosungsprozesses
genau auf die katholishe Kirchenlehre von Fegefeuer, wenn man ein
solches Durchgangsstadium für einen seeliscben Läuterungsvorgang und nicht
für einen irgendwo im Weltall aufgestellten Backofen ansieht.
Was im vorliegenden Falle noch die Seele der Ida Gläser an diese Erdenwelt
fesselte, wird sich wohl niemals feststellen lassen. Möglicherweise nur ihr
geistig beschränkter Zustand. Daß seit ihrem Tode j i Jahre vergangen waren,
ehe sie sich bemerkbar machen konnte, besagt nichts. Es bedurfte 'eben erst
des heranwachsenden Kindes, dessen Körper \on einem gewissen \lter ab #ur
Hergäbe medialer Kräfte geeignet wurde. Mit dieser Belrachtung rückt der
Fall in eine lieihe gleichartiger, die man fachlich als miedia.1 übermittelten,
ortgebundenen Spuk zu bezeichnen hätte. Beide Faktoren gehören zusammen.
Ohne das Kind hörten die Phänomene auf; dem Kinde aber folgte der Spuk
nicht. Ntu ein einziges Mal und ganz unbedeatend ist das der Fall gewesen.
Als man nämlich zuerst das Kind, um Buhe zu haben, zu den Großeltern
gebracht hatte, war auch dort das Kratzen vernehmbar geworden. Sowie laber
der Großvater sich zu dem Kinde ins Bett legte, verschwand es, um nimmer
v\ ieder7,ukehren.
D,w Kind hat zweifellos mediale Eigenschaften. Die Charakteristik des
Brünner Graphologen „still, verträumt und gutmütig" ist richtig, obwohl
eislere Eigenschaften keineswegs zum Bilde eines Mediums zu gehören biauchen.
Vor allem geben sie noch lange keine Erklärung der Phänomene. Ein eigentlicher
Trancv.iisland scheint nie bestanden zu haben, ist auch von mir nicht
beobachtet worden. Dagegen scheinen sich hinter der auch vom Lehrer bemerkten
,,Zerstreutheit" ganz leichte, nur Augenblicke umfassende Zustände
trancearligei Entrücktheit zu verstecken. Vehnlich wie ich sie auch bei meinem
früheren Medium oft mitten in gesellschaftlicher Unterhaltung feststellen
konnte.
Außerhalb der sonstigen Erscheinungen liegt im Verlaufe des Oppauer
Falles noch ein merkwürdiges doppeltes Vorkommnis, von dem mir der Landwirt
IL. nachdem er es zuvor niemandem anzuvertrauen gewagt hatte, erstmalig
mit der Bitte um erklärende Stellungnahme Mitteilung machle. Diesem
Bericht zufolge ist es kurz hintereinander im Hause zweimal vorgekommen,
daß sich unmittelbar neben dem Ofen auf dem gepflasteilen Feile des Wohnzimmers
, einer früheren Backstube, ein kleiner Haufen von roter Erde fand.
Diese rote Erde kommt dort nirgends an der Oberfläche vor, so daß ein
llereinsehleppen durch spielende Kinder nichl die Ursache sein konnte. Eher
wurde an das Durchstoßen irgendeines Tieres aus der Erde gedacht: denn die
betreffende Erdart liegt unter dem Hause in ein bis zwei Meter Tiefe. Diese
role Schicht enthielt auch, wie sich später herausstellte, die vom llutengänger
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