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Zum 50. Geburtstage unseres Hauptschriftleiters Dr. Paul Sünner,
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bewegungs-Experimente Dr. v. Schrenck-Notzings vor einem größeren Kreise
von Fachwissenschaftlern für unser Gebiet zu werben.
Im Verein mit seinen Berliner Kollegen untersuchte er die sich gern mit
okkultistischem Nimbus umgebenden Variete-Telepathen, so Fred Marion, oder
mit San.-Rat Dr. Bruck Thea Alba, und die bekannte Madame Karoly, und später
mit San.-Rat Dr. Bergmann die wohl noch bekanntere Frau Dagma.
Währenddessen waren seine ersten Beiträge in den „Psychischen Studien"
erschienen; im März 1922 „Eine Disputation über Okkultismus und Wissenschaft
", nachdem am 10. Febr. die Herren Aigner und Moll vor einem großen
Aerzte-Auditorium als Matadore heftig gekämpft hatten. Zahlreiche Buchbesprechungen
in den nächsten Heften folgten, so daß der Verlag der Zeitschrift
bereits auf das Wirken Dr. Sünners aufmerksam geworden war, um ihn vom
Aprilheft 1923 ab mit dem ehrenvollen Auftrage der Herausgabe der bekannten
Zeitschrift zu betrauen. Im März hatte nach 15rnonatiger Tätigkeit Hans Hermann
Kritzinger sein Amt niedergelegt, dem im 2. Halbjahr 1921 der Schriftsteller
Hans Freimark in München vorausgegangen war. Dieser wiederum war
dem langjährigen Schriftleiter Prof. Dr. Friedrich Maier in Tübingen gefolgt,
der am 23. Dez. 22 im hohen Alter von 78 Jahren verstarb.
Durch die Nachfolge auf dem Redaktionssessel seines berühmten Vorgängers
Alexander Aksakow war Dr. Sünner so recht eigentlich in seinem Element. Mit
Eifer und fast leidenschaftlicher Hingabe widmete er sich seinem neuen Amte,
bei dem ihm nicht nur die Sichtung und kritische Prüfung der einlaufenden
Arbeiten oblag, sondern auch die Pflicht der Beantwortung zahlreicher Anfragen
aus dem Leserkreise, die Fühlungnahme mit den Autoren und sonstigen bekannten
Forschern auf unserem Gebiete.
Fast in jedem neuen Hefte nahm der Herausgeber zu den augenblicklichen
Zeit- und Streitfragen Stellung, und verstand es bald, durch Kritik der Tagesvorgänge
und Beleuchtung aktueller, auch aus nicht rein okkultistischen Zeitschriften
stammender Artikel sich zum ständigen Chronisten zu entwickeln.
Sich neben diesem Amt als Schriftleiter weiter wissenschaftlich fortzubilden
war nunmehr Dr. Sünners vornehmste Aufgabe. Zahlreich sind die Medien, an
denen Studien zu machen ihm vergönnt war. Mit Frau Vollhart hatte er Sitzungen,
zu denen er auf seiner Wohnung stets mehrere Aerzte und sonstige nahestehende
Forscher, so auch Herrn Prof. Dr. Zimmer, Dr. Wilhelm Haas u. a. einlud
und bei denen u. a. Apporte erzielt wurden. Von Dr. Kröner war er zu dessen
Versuchsreihe mit dem hellfühlenden Medium Frau Elisabeth Frankl hinzugezogen
worden, über welche Kröner in mehreren Aufsätzen „Ueber medizinisches
Fernfühlen" im Jahrgang 1923 berichtete. Mit einer Anzahl gleichstrebender
Aerzte war er Teilnehmer der Untersuchungen Dr. Carl Brucks an mehreren
jungen Medien, die Letztgenannter, angeregt durch einen Vortrag des bekannten
und bereits verstorbenen schwedischen Psychologen Dr. Sydney Alrutz (Upsala)
im Frühjahr 1922 vor der Aerztl. Gesellschaft, unternahm. Das mit zahlreichen
Bildtafeln geschmückte Buch „Experimentelle Telepathie" von Dr. C. Bruck
dürfte unseren Lesern wohlbekannt sein. In diesem sind die vor einem größeren
Kreis auf Dr. Sünners Wohnung stattgefundenen Demonstrationsversuche vom
23. Nov. 1922 geschildert.
Einladungen der Berliner Gesellschaften waren ausländische Medien gefolgt.
So fanden Anfang Juni 1924 mehrere Sitzungen mit dem bekannten polnischen,
schon verstorbenen Medium Jan Gu/ik statt, davon drei vor einem Kreise von
Aerzten und Gelehrten in der Wohnung Dr. Sünners. Eine kurze Mitteilung darüber
findet sich im Augustheft 1924. Da es sich nicht um streng experimentelle,
sondern mehr um Demonstrationssitzungen handelte, wurde — auch wegen der
absoluten Dunkelheit — von einem ausführlichen Berichte abgesehen, obwohl
Guzik als echtes Medium anerkannt wurde. Zu Beginn des Jahres 1925 hielt sich
das bekannte polnische Medium Stanislawa P. mehrere Wochen auf Einladung
Dr. Schwabs in Berlin auf, und Dr. Sünner hatte Gelegenheit, in dessen Wohnung
an mehreren Sitzungen teilzunehmen. Einen Bericht über die Phänomene brachten
die „Psychischen Studien" im Mai 25, von Dr. W. Haken. Auch in diesem
Falle sah Dr. Sünner von einem eigenen Bericht ab, da das Gesamtergebnis ein
„non liquet" war, teils weil die bei Rotlicht von dem Medium beliebten Hand-,
Kopf- und Fußfesselungen als nicht unbedingt sicher erschienen, teils weil ein in
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