http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0410
362
Zeitschrift für Parapsychologie. 7. Heft. (Juli 1931.)
liehe Einstellung ist durchaus objektiv, sein Ergebnis in allen wesentlichen Punkten
bejahend. ,
Etwas altertümlich mutet die Formulierung an, „daß der Oesamtfall Therese
Neumann nicht natürlich erklärbar ist". Seit Bergson und Driesch ist der Oedanke
an singuläre Vorgänge in der Wirklichkeit der Wissenschaft nicht mehr
ungewohnt. Die großen Artwandlungen der organischen Welt sind gewiß auch,
nicht mit den normalen Begriffsmitteln erklärbar. Ja jede eigentliche Ganzheit
ist es nicht. Sollen wir nun da überall auch von „übernatürlichen" Vorgängen
sprechen? Ist es nicht besser, sich überhaupt an einen anderen Begriff von Natur
zu gewöhnen, der auch für schöpferische und singuläre Vorgänge Raum in sich. .
hat? Damit ist die Annahme übermaterieller Potenzen, auch der Gottes begriff,,
keineswegs ausgeschaltet.
Wir danken dem Verfasser für seine Ausführlichkeit. Sie kann in diesem
einzigartigen Fall nicht groß genug sein. Schade, daß nicht auch die Protokolle
der Schwestern, die 15 Tage lang die Stigmatisierte zu beobachten hatten und
zuvor vereidigt worden waren, ferner der Bericht Dr. Seidls an den Bischof sowie
das Gutachten des Psychiaters Ewald sowie noch einiges andere, im Wortlaut
mit veröffentlicht worden sind. Für jeden nicht voreingenommenen Beurteiler
unterliegt es keinem Zweifel, daß Supramormales da ist.
Der Fall ist wohl das größte lebende Mysterium Europas, gleich gewichtig
unter wissenschaftlichem wie unter religiösem Gesichtspunkt.
Oesterreich, Tübingen.
Vom sinnlichen und noetischen Bewußtsein. Von Franz Brentano.
(Psychologie, Bd. 3.) I. Teil. Mit ausführlicher Einleitung und Anmerkungen
herausgegeben von Oskar Krauß. Leipzig, Felix Meiner. 1928. (Philosophische
Bibliothek, Bd. 207.) XLVill u. 191 S. M.7.—, geb. M.8.50.
Franz Brentano, der erst 1917 gestorben ist, gehörte zu den einflußreichsten
Denkern der letzten Generation. Da er sehr wenig geschrieben hat, hat sich
seine Wirkung zum größten Teil „unterirdisch" vollzogen, durch seine Lehrtätigkeit
. Stumpf, Husserl, Meinong, Marty, Kastil u. a. sind von ihm maßgebend
beeinflußt worden. Zu den getreuesten gehört der Herausgeber des vorliegenden
Bandes, der in einer ausführlichen Einleitung unter vielfacher scharfer Polemik,
besonders gegen Husserl, den Leser mit dem Verhältnis der letzten Lehre Brentanos
zur neueren einschlägigen philosophischen Entwicklung bekanntmacht.
Die vorliegende Hälfte des 3. Bandes der „Empirischen Psychologie" ist nicht
mehr von Brentano selbst druckfertig gemacht worden, vielmehr hat der Herausgeber
dieselben aus Nachlaßstticken zusammengestellt. Sie handelt von „Wahrnehmung
, Empfindung, Begriff". Der letzte noch ausstehende Teil wird größtenteils
Neudrucke Brentanoscher Arbeiten bringen.
Die Herausgabe der vorliegenden Kapitel ist entschieden verdienstlich. Angesichts
des Scharfsinns Brentanos ist es stets lehrreich und interessant, von
seinen Gedanken Kenntnis zu nehmen. Erfährt doch der Außenstehende hier
vielfach zum ersten Male, wie Brentano über manche wichtigen Dinge gedacht
hat. Beeinträchtigt wird die Freude etwas durch die Heftigkeit, mit der der
Streit in seiner Schule teils mit ihm, teils seitens der Schüler untereinander über
die verschiedenen Probleme geführt worden ist. Indessen diese Menschlichkeiten
müssen nun einmal in der Wissenschaft mit in Kauf genommen werden, sind sie
doch schließlich mindestens teilweise Ausfluß der Hingabe der Streitenden an
die Probleme. Oesterreich, Tübingen.
„Rausch." Von J. Anker Larsen. Verlag Grethlein $ Co., Dresden. Ganzleinen
M. 7.50.
Der berühmte dänische Romanschriftsteller hat schon in seinen früheren
Werken wiederholt das parapsychologische Gebiet gestreift, vor allem sein
„Stein der Weisen" enthält eine Auseinandersetzung mit theosophischen Problemen
, aber auch mit mystischen Erlebnissen, die allerdings am reinsten in den
teils innig-zarten, teils fast mittelalterlich humorvoll anmutenden Legenden in
der „Gemeinde, die in den Himmel wächst" anklingen. Auch in seinem neuen
Roman spielen diese Probleme wieder eine große Rolle, wenn er sich auch hier
vor allem mit den Verwirrungen im Geschlechtsleben der jetzigen Menschheit
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1931/0410