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Schubert: Der Spuk auf Schloß H.
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„Feigheiten kannten unsere Vorfahren bestimmt nicht. Schon der Gedanke hätte
ihr Blul siedend gemacht" und dergleichen. Diese Redensarten wurden geschickt
in den Gesprächsstoff hineingesponnen, so daß selbst Frau Dr. N. unsere Absicht
nicht erraten konnte. Sie war nur auf das Allernotwendigste aufmerksam
gemacht worden, z. B. betreffs Entfernung von Waffen, ferner des Erleuchtens
des Zimmers durch nur eine Kerze usw. Eigenartig berührte es uns, daß
das ganze Schloß erleuchtet war, bis auf eben den Flügel, wo wir unsere
Mission zu erfüllen hatten. Dort versagte das Licht in der Weise, daß die
Birnen nur rötlich glühten. Ich bin weit entfernt, dies als eine übersinnliche
Tat zu betrachten. Nehmen wir an, es sei ein technischer Fehler, wiewohl wir
einen solchen nicht entdecken konnten. Eine Anfrage beim Elektrizitäts-
Medium
Fiau S
Herr Fr.
Herr Sch.
□
Tür zur
Kemenate
Herr R.
□
Sessel
Frau Sehr.
n
Sessel
Frau Di. N.
□
Sessel
werk ließ auch einen solchen nicht erkennen. Sei es nun, daß unsere Herausforderungen
wirksam wurden, oder der Wunsch des Toten, sich zu manifestieren
, durchbrach, wir wurden soeben auf den Trancezustand unseres Mediums
aufmerksam. Es war o Ihr i3 Minuten. Das Medium sprang auf,
und der oben beschriebene Tisch wurde durch den sich Manifestierenden
unigeworfen und wollte sich mit dem Medium aus dem Fenster slür/en.
Wir Herren sprangen sofort auf. Herr B. faßte das Medium am rechten
Arm, Herr F. am linken und ich griff von hinten unter beide Arme und
stellte meinen rechten Fuß zwischen "Hie Beine des Mediums. In dieser Weise
glaubten wii nun Herr der Situation zu sein. Doch wir halten uns zunächst
geirrt. \1< der sich Manifestierende sah, daß er so gut wie gefesselt war,
"versuchte er, Herrn F. in die Hand zu beißen feine Methode, bei derein
Gedanken das Aledium im ^Normalzustand erröten würde) und entfaltete
eine solche Kraft, daß wir drei Herren alles aufbieten mußten, um ihn
in Schranken zu hallen, ohne dem Medium ernstlichen Schaden zuzufügen.
Dieser Kraftaufwand, um nicht zu sagen Ringkampf, dauerte solange unvermindert
an, bis ich Frau Sch. ein Zeichen gab, das mitgebrachte Kruzifix
vorzuhalten. Ah er unsere \.bsi«*ht merkte, versuchte er diesem \nbliek /u
entgehen, konnte dies natürlich höchstens zweimal. Wo er auch \ersuchte
hinzusehen, wurde ihm das Kruzifix \ orgehalten, bis sein Blick es fassen
mußte. Kaum war dies geschehen, so sank das Medium wie vom Schlag getroffen
auf den Fußboden hin. Nach einigen Vugenblicken erwachte das
Medium und sagte: „Was ist denn hier geschehen? Warum liege ich auf dem
Teppich?" Es richtete sich auf und wurde von dem Vorgefallenen unter-
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