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Zeitschrift für Parapsycbologie. 8. Heft. (August 1931.)
Eintreten für die okkulten Tatsachen, was deren Urheberschaft anbelangt, der
ralionalistisch-materialistischen Wissenschaft und Weltanschauung zuliebe einen
„Kotau" — eine Verbeugung, indem er seine Erklärungsweise zu ihren
Gunsten so überspannt, daß sie zum Unsinn wird, und in vielen Fällen die
zwangslosere Erklärung nur deswegen meidet, weil das Dogma lautet: Seele
ist nur Gehirnfunktion und geht mit diesem zugrunde! Ein Fortleben der
Seele gibt es also demnach nicht! Es ist schade, daß nicht jeder neuzeitliche
Forscher auf unserem Gebiet, gezwungen werden kann, die von ihm erkannte,
aber aus allerhand persönlichen Gründen verschwiegene, Wahrheit zu gestehen,
denn ich glaube, mancher derselben würde sich dann in vielen Fällen zu der
vielverlästerten spiritistischen Erklärungsweise bekennen müssen.
Und nun, nach diesen Abschweifungen und Erwägungen will ich noch den
Versuch machen, die Frage zu beantworten, warum sich gewisse Spukerscheinungen
jahrhundertelang an bestimmte Spukorte binden?
Es ist doch bekannt, daß manche Verbrecher sich zum Orte ihrer Tat zurückgezogen
fühlen und dieser Zwang so groß werden kann, daß sie, aller
Vorsicht entgegen, nicht anders können, als ihm nachzugeben. Sie sind also
sozusagen — seelisch — an jenen Ort gebunden. Könnte in Spukfällen eine
ähnliche seelische Bindung, über das Grab hinaus, nicht auch wirksam sein,
eine Zwangsidee, die den Spukenden beherrscht und ihn so lange an den betr.
Ort fesselt, bis ihm durch Belehrung, durch Zureden, durch Erfüllung seiner
Wünsche usw. die Befreiung von jener ihn beherrschenden Idee wird? „Erlösung
' nennt es das Volk: „Der Spukgeist ist erlöst worden.*'
In Düsseldorf bezog ich in den 8oer Jahren zusammen mit einem Freunde,
der sich plötzlich ohne seinen Willen etwa ein halbes Jahr vorher in meinem
Beisein und unter meiner Beobachtung zum Medium entwickelt hatte, eine
gemeinsame Wohnung. Das Umstürzen von Möbeln, in großem Ausmaße
Nacht für Nacht geschehend, unter Getöse und Gelärm, das Herunterfallen
von Bildern, ohne daß Nagel oder Oese beschädigt waren, das Werfen von allerhand
Gebrauchsgegenständen usw., rechneten wir zuerst einmal denjenigen
unsichtbaren Persönlichkeiten an, die sich durch meinen Freund uns seit seiner
Mediumschaft mitteilten. Doch diese behaupteten auf schreibmedialem Wege,
manchmal auch durch selbständiges Schreiben, sie wären an diesem Unfug
glicht beteiligt. Als dann eines Tages mein Freund auf il\ Tage verreiste*
saß ich an einem Novembernachmittag mit Brief schreiben beschäftigt am
Fenster, etwa zwischen 2 und 3 Uhr. Plötzlich begann ein Werfen mit dünnen
Kalkstücken bis zur Gr<|ße £nes Handtellers, aus der Ecke, in dem der Ofen
stand, dem Fenster gegenüber. Die Kalkstücke flogen, in etwa Mannshöhe
in jener Ecke entstehend, im Bogen auf mich zu, kurz vor meinem Körper
senkrecht zu Boden fallend, den sie in kurzer Zeit gedeckten. So ereignete
es sich jeden Nachmittag, bis zur Rückkehr meines Freundes. — Wiederum
befragt, äußerten sich unsere Unsichtbaren etwa dahin, daß all dieser Unfug
von einem „schwarzen" Geistwesen herrühre, welches sich in jener Ofenecke
das Leben vor noch nicht allzulanger Zeit genommen hätte. Wir forschten
nacli und der Hauswirt ließ sich endlich herbei, diese Tatsache, die er gern
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