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422 Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft (September 1931.)
Ein weiteres wichtiges Auslösungsmittel der fraglichen Erfahrung bilden
die gangbaren Narcotica, also z. B. Chloroform.
11. Als erstes Beispiel hierfür mag ein Bericht dienen, den der ehemals
namhafte Elektrotechniker Gromwell Varley als Zeuge vor dem bekannten Auaschuß
der „Dialektischen Gesellschaft" zur Untersuchung okkulter Tatsachen
(1869—71) erstattete. Varley hatte, im Bette liegend, als Mittel gegen „Habkrämpfe
" einen Ghloroformschwamm vor den Mund genommen. „Nach einer
kleinen Weile wurde ich wieder bewußt, sah meine Frau eine Treppe hoch
(wo sie sich tatsächlich befand) und mich selbst auf dem Rücken, mit dem
Schwamm vor meinem Munde, war aber gänzlich außerstande, mich zu bewegen1
).'*
12. Hier gleich noch ein andres Beispiel gleicher Art: Mrs. Edith Archdale,
Afrikareisende und -Schriftstellerin, unterzog sich in Johannesburg einer Zahn-
Operation, vor welcher sie wiederholt weitere Chloroform dosen forderte, weil
sie „noch nicht schlafe". „Plötzlich (schreibt sie) sah ich mich aufrecht neben
dem Stuhl, in welchem mein Körper lag, und empfand den lebhaften Wunsch,
nicht wieder in ihn einzugehn." Der Arzt verweigerte zunächst verstärkte
Chloroformierung, die Dame erwachte, wurde auf eine Chaiselongue gelegt,
und nun nach einer weiteren Dosis die Extraktion vorgekommen. Während
dieser Operation (sagt sie) „befand ich mich wieder außerhalb meines Leibes,
im Räume schwebend, vollkommen bewußt der großen Verwandlung, die in
meinem Wesen vor sich gegangen war*'. Daneben hatte sie das bekannte Gefühl
bedeutender Einsichten und lieferte kurz danach eine Leistung echten
Hellsehens 2).
13. Sehr ausdrücklich in der entscheidenden Einzelheit ist auch ein Bericht
des Dr. G. Wyld (London): er habe sich eines Tages i. J. 1874, als er gegen
Morgen Chloroform einatmete, „plötzlich, zu meinem Erstaunen, ... gekleidet
und in der Gestalt meines Leibes, etwa zwei Meter außerhalb meines Körpers
stehend gefunden, und jenen Körper betrachtend, welcher regungslos auf dem
Bette kg"3). '
14. Nicht minder eindeutig im Hauptpunkt sind die Angaben des Kapitäns
Volpi, welche Rochas in seinem Buch „Die aufeinanderfolgenden Leben" 4)
mitteilt. „Vor sechs Jahren (d. i. i883) atmete ich Chloroform ein, um
Krämpfe abzuschwächen, hervorgerufen durch eine Steinoperation. Da bemerkte
ich mit Staunen, daß mein Ich, d. h. meine Seele und meine denkende
Vernunft, mit gestalteter Körperlichkeit umkleidet, zwei Meter von meinem
Leibe entfernt sich befanden. Mein Ich ... sah meinen Körper unbeweglich
ausgestreckt auf dem Bette liegen ..
15. Einen letzten Bericht dieser Gruppe liefert uns der bekannte Nervenarzt
und Parapsychologe Dr. Marcinowski. Einer ans Bett gefesselten Patientin
mußten zwei Zahne gezogen werden. Gegen alles Vermuten wurde die Opera-
*) Report on Spiritualism of the Com. of the London Dial. Soc., II.
*) Light, 1916, S.119L
*) Wyld, Christo-Theosophy, or Spiritual dynamics, 2. Aufl., London 1895,
S. 205.
*) Deutsche Ausgabe, S. 229.
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