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426 Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft (September 1931.)
erworben. Das Erlebnis der bewußten Ichausscheidung — des degagement
conscient — ist ihm mehrfach zuteil geworden. Eine dieser Erfahrungen
schildert er u. a. wie folgt: „Das Schwindelgefühl verstärkte sich; mein Bewußtsein
trübte sich einen Augenblick, klärte sich dann aber rasch wieder:
ich stand aufrecht im Zimmer und wußte, daß ich (von meinem Leibe) getrennt
war. Mein Denken erlangte die äußerste Klarheit. Ich gab mir vollkommen
Rechenschaft von meinem Zustand; ich analysierte sorgfältig meine
Empfindungen und Gedanken und ich war mir der Tatsache bewußt, d a ß ich
sie analysierte, ja auch bewußt dieses Bewußtseins selber. Obgleich es Nacht
war, sah ich deutlich, aber nicht ganz in der Art, wie man das Tageslicht
im Wachen wahrnimmt (vgl. o.). Ich trug keine Bekleidung auf meinem
fluidischen Körper. Ich stand aufrecht und konnte mich fortbewegen, gehend
oder über den Fußboden hingleitend. Ich sah vollkommen (deutlich) meinen
physischen Körper, der leblos auf dem Bette ausgestreckt lag, wie ein auf dem
Rücken liegender Leichnam." R. G. schildert dann einige der Ueberlegungen
und Experimente, die er in diesem Zustand anstellte: z. B. die willkürliche
Objektivierung von Vorstellungen. Doch vermochte er seinen physischen Körper
zu keiner Bewegung zu bringen. Den elektrischen Lichtschalter drehte er anscheinend
mehrmals, sah aber keine Beleuchtung eintreten. Durch „Autosuggestion
" erweckte er sich „allmählich und ohne Erschütterung", schrieb seine
Erfahrung nieder und schlief dann zwei Stunden lang tief und erfrischend1).
Eine weitere Selbstbeobachtung schließt sich hier bezüglich des Umfangs
des Geschauten ohne weiteres an. Im übrigen enthält sie eine Komplikation,
wie ich sie sonst nirgends angetroffen habe. Die Exkursion wird nämlich
erstmalig fast io Jahre später während einer „Ohnmacht" erinnert, bleibt
dann aber dauernd im Gedächtnis haften. Dem Skeptiker wird dies natürlich
ein Anlaß sein, den Bericht überhaupt zu entwerten. Desgleichen dürfte er mit
Spott auf den Umstand hinweisen, daß das erinnernde Ich, das typische eines
halberwachsenen Knaben, identisch sein soll mit dem ehemals exkurrierenden
eines i8-monatigen Kindes. Ich will mit unserm Skeptiker hier nicht rechten;
der belesene Parapsychologe wird mich ohne weiteres verstehn, wenn ich sage,
daß ich gerade in diesen beiden Umständen eine bemerkenswerte Stützung
der Vertrauenswürdigkeit und Bedeutsamkeit des Berichts erblicke. Sei dem,
w]e immer: ich rücke die Erzählung hier ein, wie ich sie finde. Wer ihre
besonderen Zumutungen als zu stark empfindet, der lasse sie ruhig beiseite.
2h. Ein Mann, den der Sammler des Falles, der Maler P.-E. Cornillier,
als kritischen Geist und besonnen in Beobachtung und Urteil bezeichnet, beschreibt
also den seltsamen Vorgang, daß während einer Ohnmacht, in die er
im Alter von n Jahren durch einen Schlag gegen den Kopf geworfen wurde,
ihm ein Exkursionserlebnis aus frühester Kindheit, nämJich im Alter von
18 Monaten, deutlich in die Erinnerung trat. „Ich war wieder ein ganz kleines
Kind, ein Baby geworden, und dieses Baby lag auf einem Bett in einer Stube,
die mir unbekannt war. Aber seltsam: obgleich dies Baby ich selbst war, sah
i) Rev. Spirite, 1927, S. 217 ff.
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