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Mattiesen: Der Austritt des Ich als spiritistisches Argument
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ich es an und erblickte es wie einen außer und unter mir befindlichen Gegenstand
. Das, was ich erblickte und sah, war ein andres Ich... im Räume,
nahe der Zimmerdecke; aber ein »andres Ich' mit Bewußtsein und Wahrnehmung
, welches wußte, daß dieser kleine Körper auf dem Bette der seine
war." Der Berichterstatter schildert sodann ein aus leuchtenden Punkten bestehendes
Band zwischen Körper und außenbefindlichem Ich (bekanntlich ein
typisches Detail verwandter Vorgänge), sein Betrachten der Möbel im
Zimmer, sein Bewußtsein, daß Wände, Decke und Türen für das „Ich" kein
Hindernis sein würden; endlich die Beobachtung zweier Menschen im Zimmer,
eines unbekannten Mannes und seiner Mutter. Als letztere sich dem Bette
näherte und den Körper des Kindes in ihre Arme riß, fühlte er sich „unwiderstehlich
angezogen" von demselben, und sein Bewußtsein der Szene schwand.
Er fühlte gleichsam eine heftige Explosion das Rückenmark entlang und öffnete
die Augen. Die Erinnerung an diese Erinnerungsvision wurde mit der Zeit
nicbt schwächer, sondern intensiver und in allen Einzelheiten deutlicher. Fragen
an seinen Vater hätten ergeben, daß die Familie zur Zeit, da der Knabe 18 Monate
alt war, tatsächlich eine der Vision entsprechende Stube bewohnte: der
Knabe hatte einen schweren Anfall von Group gehabt, die Tracheotomie war
erfolglos gewesen, und der Chirurg hatte ihn für verloren gehalten. Er sagte
dies der Mutter, und es spielte sich jene Szene ab, die der Knabe sah und der
Mann danach erinnerte1).
26. Der nunmehr folgende Bericht führt uns erstmalig ganz unzweideutig
über die Wände des Zimmers hinaus, in welchem der (nachher gleichfalls wahrgenommene
) Körper der Exkurrierenden liegt. Es verdient betont zu werden,
daß das Subjekt der Selbstbeobachtung, Frl. Sophie Swoboda, mehrfach ähnliche
Erfahrungen gemacht hat. — An dem hier fraglichen Tage war sie unter heftigen
Kopfschmerzen auf einem Sofa eingeschlafen, glaubte zu bemerken, daß
ihre Mutter leise das Zimmer verlasse, erwachte darauf anscheinend, fühlte sich
leichl und schmerzlos, erhob sich und eilte der Mutter nach, um ihr die günstige
Veränderung zu berichten. Sie fand die Mutter strickend beim Vater
sitzend, der ihr vorlas, stellte sich neben die beiden, blieb aber dauernd unbeachtet
. Selbst als sich die Matter nach einiger Zeit erhob, um nach der
Tochter auf dem Sofa zu sehn, konnte sich diese ihr nicht bemerklich machen,
sah sich aber selbst leichenblaß und mit geschlossenen Augen auf dem Sofa
liegen. Sie fühlte sich dann wie von einem Schlag auf das Ruhebett geworfen
und öffnete schwer und mühsam die Augen. Ihre Eltern setzte sie in Erstaunen
, indem sie ihnen die gelesene Stelle und im Gespräch geäußerte Ansichten
zum Teil wortgetreu wiederholte, obgleich sie sich drei Zimmer von
ihnen entfernt, bei geschlossener Tür, befunden hatte2).
Ich schließe eine Aufzeichnung des amerikanischen Schriftstellers Fitzhugh
Ludlow an, von dem wir ein glänzend geschriebenes Buch über seine Erfahrungen
als gewohnheitsmäßiger Haschichgenießer besitzen. Bemerkenswert in
dem hier wiedergegebenen Bericht ist wiederum die Betonung des klaren und
i) Rev. Spir., 1927, S. 110 ff.
*) Psych. Studien, Bd. VI, S. 294.
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