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Mattiesen: Der Austritt des Ich als spiritistisches Argument.
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Burschen seinen Köroer rütteln und das Fenster aufreißen. Alle diese Wahr-
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nehmungen seien am nächsten Tage nachgeprüft und bestätigt worden1).
32. Eine demnächst anzuführende Selbstbeobachtung von Frau Eugenie
Garcia (wenn ich recht verstehe, im somnambulen Zustand niedergeschrieben
und darum — nun: verdächtig oder doppelt vertrauenswürdig?!) lautet u. a.
wie folgt: „Das erstemal, als ich mir meiner Hellsinnigkeit im exteriorisierteni
Zustand bewußt war, erlebte ich folgendes: Ich sah mich auf einmal aufrecht
an der Stelle, wo man mich eingeschläfert hatte; ich hatte doch im Stuhl gesessen
, und nun halte ich mich aufgerichtet, ohne es zu merken! Ich betrachtete
mich: ich bin ganz leuchtend und durchsichtig, leicht wie eine Feder!
Plötzlich wurde ich meinen Leib gewahr, der unbeweglich im Lehnstuhl ausgestreckt
lag. Drei oder vier Personen umgeben ihn und betrachten ihn
angelegentlich. Ich sehe ihn mir auch an, wie die andern alle ... Er erscheint
mir ganz durchsichtig, ich sehe in sein Innerstes hinein/' Zugleich glaubte sie
die Gedanken ihres Magnetiseurs zu lesen. „Nachdem ich mich selber genügend
betrachtet hatte, besah ich mir die Umstehenden. Sie erschienen mir
so wie im wachen Zustand, nur waren sie alle durchsichtig ... Darauf besah
ich mir die Umgebung, aber statt undurchdringlicher Möbel und Mauern erblickte
ich lauter durchsichtige Dinge, alles war wie Glas. Ich sah auch
die Wohnung unsres Nachbarn und die Personen darin, als wenn wir in einem
Haus von Kristall gewohnt hätten. Darauf kam mir der Gedanke, mich ein
wenig im Freien zu ergehen. Ohne meinen Leib aus den Augen zu verlieren,
wurde ich ebenso schnell, wie man seine Gedanken von einem Ort auf den
andern richtet, von einem Ende von Paris nach dem andern entrückt. Ich sah
die Häuser, die Leute und Wagen, aber alles durchsichtig wie Glas ... Auf
einmal fühlte ich eine heftige Erschütterung und fand mich mitten im Zimmer
wieder, das ich verlassen hatte. Ich unterschied noch undeutlich meine beiden
Körper, aber nach und nach wurde es dichter und schwerer um mich her
und ich sah nichts mehr; man weckte mich." — Aehnliche Erfahrungen will
die Dame „mehrere hundert Male" gehabt haben2).
33. Der folgende Bericht wurde „wenige Tage" nach dem Erlebnis dem
Arzte — Dr. Gibier — übergeben, den das Subjekt, durch seine Erfahrung
beunruhigt, zu Rate gezogen hatte. Herr II., ein begabter Radierer, Sohn
„medial" veranlagter Eltern, aber angeblich bisher ohne jedes Interesse an
„spiritistischen" Erfahrungen, hatte sich eines Tages heimkehrend „seltsam
malt" gefühlt und auf einem Sofa ausgestreckt. „Ich empfand Schwindel und
Leere und die Dinge d<*r Umgebung schienen sich um mich zu drehen. Plötzlich
fand ich mich in die Mitte des Zimmers versetzt ... Zunächst sah ich
mich auf dem Sofa ausgestreckt, ganz bequem, ohne Steifigkeit, nur mein©
linke Hand war erhoben, der Ellbogen aufgestützt, und meine Hand hielt
die brennende Zigarre, deren Schein man in dem vom Lampenschirm erzeugten
Halbschatten erblickte. (Man beachte die detaillierte Konkretheit auch
dieser Beobachtungen.) Ich hatte den Eindruck, daß nichls im Leben je so
*) Occult Rev., März 1908, S.159f.
2) Durville, a. a. O. S. 76 ff.
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