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Schmotzer: Die „weiße Frau" in Oberösterreich.
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Kremsmünster3).
Hinter dem Sandberg am Schiederbach stand einst ein Schloß. Die Landsiedler
waren dort zu Hause, und die Landsiedlermühle soll ihnen gehört haben.
Von dieser längst vergessenen Burg geht die „weiße Frau" zum Bache „Schleidern
" (waschen). Sie kann nur von einem Neusonntagskinde erlöst werden.
Ein Taglöhner kam gerade dazu, als die Schloßherrin ihre Wäsche schlederte.
Er war ein Neusonntagskind und hätte daher die „weiße Frau" erlösen können.
Er sollte mit den Lippen einer Schlange, die sich an seinem Stocke heraufringelt
und in ihrem Maule einen Schlüssel trägt, den Schlüssel aus ihrem
Munde nehmen. Als aber die Schlange sich an dem Stocke empor wand und
krümmte, befiel den Mann ein solcher Schrecken, daß er davonlief. Die „weiße
Frau" brach nun in lautes Weinen aus. Sie muß nun warten, bis ein junges
Tannenbäumchen gesetzt wird, aus dem einmal eine Wiege gezimmert wird,
in die das Knäblein gelegt wird, das zur Erlösung der „weißen Frau" bestimmt
ist.
Wolfsegg4).
Der Raubritter Wolf erfährt, daß seine blühende Tochter Elsbeth dem
schmucken Konrad ihre Liebe geschenkt hat. Zur Strafe läßt er sein Kind im
Schlosse einmauern, gebietet seinen Arbeitern strengstes Stillschweigen und
streut die Märe aus, seine Tochter sei eines natürlichen Todes gestorben. Der
Ritter läßt einen leeren Sarg begraben und veranstaltet zum Schein ein feierliches
Begräbnis. Der unmenschliche Vater endet bald darauf im Wahnsinn
und sein Geschlecht stirbt aus. Aber auch Elsbeth findet keine Ruhe im Grabe,
bis der Frevel gesühnt ist.
So trug sich die Sage von Mund zu Munde
vom Alm auf den Enkel fort:
Und heute noch wandelt, ich bürg Euch die Kunde,
Im Schlosse, auf dem Berge dort
das stumme Fräulein zur zwölften Stunde.
Burgstein5).
Zwischen Traunkirchen und der Großalm erhebt sich ein Berg mit einer
mächtigen Gipfelpyramide aus Urgestein. Eine geologische Merkwürdigkeit
nennen die Mineialogen diesen Berg, der mitten im Kalkgebirge steht. Auf
diesem Berge, dem Burgstein soll auch eine Burg gestanden sein. Ein Wolfs-
egger verliebte sich in die Tochter des dortigen Burgherrn, er wurde gefangen
und samt seiner Braut vom hohen Fels gestürzt ... Der hellsichtige Wanderer
aber sieht zuweilen noch hmite die Unglücklichen, die bisher vergeblich auf
Erlösung warteten, im Brautkleide um die Felsen schweben.
Gröbming.
Nicht weil von Wolfsegg stand das Schloß Gröbming. Heule erinnert nur
mehr der Rest eines Schloßteiches an die verschwundene Herrlichkeit. Der
geizige Schloßherr ließ seinem Schwager wegen eines Erbstreites die Augen
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